Nach dem Asylpaket ist vor dem Asylpaket
Koalitionseinigung könnte rote Linie von SPD-Parteitag verletzen / Seehofer »noch längst nicht am Ziel«
Was die Koalitionsparteichefs am Donnerstag beschlossen und am Freitag bekannt gegeben haben, ist nicht das Ende der Verschärfungen beim Asylrecht. Laut Innenministerium wird ein drittes »Asylpaket« vorbereitet. Es soll auch Wohnortzuweisungen für anerkannte Flüchtlinge enthalten. Das stößt schon jetzt auf Kritik: »Flüchtlinge zu zwingen, ihr neues Leben genau dort zu beginnen, wo Einheimische wegen mangelnder Zukunftschancen abwandern, ist integrationspolitisch geradezu absurd«, so Günter Burkhardt von Pro Asyl.
Doch zuvor muss das »Asylpaket II« Gesetz werden. Die Regierung will die nun zwischen den Parteichefs vereinbarten Verschärfungen bereits in der kommenden Woche in den Bundestag einbringen und noch im Februar verabschiedet sehen.
Auch das nun Beschlossene geht über den »Asylkompromiss« vom November möglicherweise hinaus. Damals war vereinbart worden, bei etwa 1800 Flüchtlingen mit »subsidiärem Schutz« den Familiennachzug für zwei Jahre auszusetzen. Im Dezember hatte der SPD-Parteitag dies unter ausdrücklicher Nennung der Zahl bekräftigt.
Nun könnten aber doch mehr Personen betroffen sein. Zuletzt fiel fast ein Fünftel der Flüchtlinge aus Syrien unter »subsidiären Schutz«. Es könnten allerdings Kontingente für die Einreise von syrischen Flüchtlingen festgelegt werden, die derzeit in der Türkei, Jordanien oder Libanon in Lagern leben. Dabei könnten Familienangehörige von bereits eingereisten bevorzugt werden. Genauere Pläne hierzu gibt es noch nicht.
Matthias Miersch, Sprecher der SPD-Parteilinken im Bundestag, ist daher skeptisch: »Beim Familiennachzug ist das Kleingedruckte wichtig«, sagte er der dpa. Man müsse »vor dem Hintergrund der Beschlusslage der SPD genau prüfen, wie viele Menschen betroffen sind«.
LINKE-Parteivorsitzende Katja Kipping sprach von einem »miesen Kompromiss« und erklärte: »Die einzigen, die vom Ergebnis des gestrigen Abends profitieren, sind Horst Seehofer und die Schlepperindustrie.«
Die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünenfraktion, Luise Amtsberg, sprach von einer Zusatzbelastung für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. »Statt notwendige Schritte für die Verkürzung der Asylverfahren und für die Integration auf den Weg zu bringen, arbeitet sich die Koalition weiter an den Rechten von Schutzsuchenden ab.«
CSU-Chef Horst Seehofer sagte, er sei »hochzufrieden«. Es sei aber auch klar, dass man »noch längst nicht am Ziel« sei.
Ferner werden Algerien, Tunesien und Marokko als sichere Herkunftsländer eingestuft. Beschlossen sind auch Aufnahmezentren mit Schnellverfahren für Flüchtlinge aus solchen Staaten, Aufweichungen des Abschiebeschutzes bei Krankheit und eine von den Flüchtlingen aufzubringende Gebühr von zehn Euro für Integrationskurse. Seite 5
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