Garten ist für Opas Urne noch tabu

Mecklenburg-Vorpommerns LINKE möchte über Reform des Bestattungsgesetzes diskutieren

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.
Bergen Bestattungen auf Privatgrundstücken die Gefahr in sich, dass mit der Urne unwürdig umgegangen wird? Aus Ländern, wo solche Beisetzungen erlaubt sind, wurden keine derartigen Fälle bekannt.

Showmaster Rudi Carell, bekannt nicht nur durch die TV-Sendung »Am laufenden Band«, hatte einen letzten Wunsch: Im eigenen Garten wollte er, sollte seine Urne begraben werden. Erfüllt wurde diese Bitte nicht, als der Entertainer 2006 starb; die strengen deutsche Gesetze zwangen zur Beisetzung auf einem Friedhof. In seiner holländischen Heimat hätte »Rudi« auf dem eigenen Grundstück ruhen dürfen. Die Niederlande erlauben Urnen auf Privatgelände. Und dennoch war bislang noch nie zu hören gewesen, dass dort böse Enkel Opas Asche in die Grachten kippen oder anderswie »entsorgen«. Die Furcht, dass so etwas geschehen könnte, gibt es in Mecklenburg-Vorpommerns Landtag.

Anlass, solche Ängste zu äußern, war jüngst ein Antrag der LINKEN in dem nordöstlichen Bundesland, man möge über eine Reform des Bestattungsgesetzes diskutieren. Geprüft werden solle unter anderem, ob der sogenannte Friedhofszwang aufgehoben oder gelockert werden könnte. Mit dem Ziel, eine Urne auf privaten Grundstück begraben, zumindest aber befristet zu Hause aufbewahren zu dürfen.

Ein Gedanke, der Johann-Georg Jaeger (Grüne) gar Böses befürchten ließ: Denkbar sei es doch sogar, meinte er, das jemand in Wut über einen verstorbenen Angehörigen dessen Urne ausgräbt und »auf den Kompost wirft«. Und wenn sich Eheleute im Falle einer Scheidung heutzutage schon um ein Haustier streiten - sei dann nicht auch der Streit um die Urne im Kleingarten abzusehen? Der Streit um die Asche eines Menschen, zu dem beide Ehepartner eine gute Beziehung hatten? CDU-Fraktionschef Vincent Kokert äußerte ebenfalls Zweifel daran. das in jedem Falle mit einer »Urne Zuhaus« würdig verfahren werde.

Der Verbraucherinitiative »Aeternitas«, die über Bestattungskultur im In- und Ausland sehr gut informiert ist, sind solche Probleme nicht bekannt. »Wir haben noch nie eine Nachricht bekommen, dass in den Nachbarländern Urnen oder Totenasche missbräuchlich ›entsorgt‹ wurde«, so Aeternitas-Vorsitzender Christoph Keldenich gegenüber »nd«. Seine Erfahrungen besagen, dass Mecklenburg-Vorpommerns LINKE mit ihrem Antrag offenbar im Trend liegt. Eine Umfrage, von der Verbraucherinitiative beim renommierten Emnid-Institut in Auftrag gegeben, ergab: Rund zwei Drittel der in Deutschland Befragten halten den Friedhofszwang für »nicht zeitgemäß«.

Die gleiche Erfahrung hat der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Peter Ritter, gemacht. Als seine Partei vor einiger Zeit das Thema zur Sprache brachte, hatte er von Bürgerinnen und Bürgern zahlreiche Zuschriften erhalten - überwiegend mit der Meinung, der Friedhofszwang müsse aufgehoben oder gelockert werden.

Nicht nur dazu wollte die LINKE im Zusammenhang mit dem Bestattungsgesetz zu gegebener Zeit eine Diskussion. Auch über die Zertifizierung von Bestattungsinstituten, kürzere Mindestruhezeiten auf Friedhöfen und über eine bessere Qualifizierung von Ärzten, die Leichenschauen vornehmen, sollte gesprochen werden. Die Wiedereinführung des Sterbegeldes sei ebenfalls ein wichtiges Thema, betonte Ritter.

Doch die anderen Fraktionen lehnten die gewünschte Diskussion ab, und obwohl Ritter betont hatte, keineswegs »eine Novelle des Bestattungsgesetzes vor den Landtagswahlen durchs Parlament peitschen zu wollen«, mutmaßte CDU-Mann Kokert: Es könne der Eindruck entstehen, die LINKE wolle jetzt politisches Kapital schlagen »aus einem schwierigen Thema«.

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