Verfassungsschutz tritt öfters an Schulen auf
Im Jahr 2015 gab es insgesamt 17 Mal Veranstaltungen des Nachrichtendiesntes an Berliner Schulen
In den Medien sind die Themen Islamismus, Salafismus und Jihadismus omnipräsent. Allerortens flimmern Reportagen über die Kriege in Nahost über die Bildschirme und in den Magazinen und Zeitungen finden sich Artikel zu Hintergründen zum sogenannten Islamischen Staat. Im Zusammenhang mit der Hauptstadt sprechen die Behörden gerne von einer abstrakten Bedrohung. Fakt ist, dass allein aus Berlin inzwischen über 100 Jugendliche und Erwachsene in die irakischen und syrischen Kriegsgebiete ausgereist sind. Die Aufmerksamkeit schlägt sich unterdessen auch in Veranstaltungen des Verfassungsschutzes an Schulen nieder.
Wie aus einer bislang nicht veröffentlichten Antwort auf eine Schriftliche Anfrage der Linksfraktions-Abgeordneten Regina Kittler und Hakan Taş hervor geht, die »neues deutschland« vorab vorliegt, hat sich die Zahl der Informationsveranstaltungen des Nachrichtendienstes an Schulen von 2014 auf 2015 von sechs auf 17 nahezu verdreifacht. Fast immer ging es dabei um »Verfassungsschutz; Islamismus«.
Nach dem Verfassungsschutzgesetz des Landes Berlin ist es die Aufgabe des Nachrichtendienstes, neben den Behörden und staatlichen Stellen auch »die Öffentlichkeit über Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und Sicherheit des Bundes und der Länder zu unterrichten«. »Präventionsarbeit in allen Extremismusfeldern«, so heißt es in der Antwort der Verwaltung von Innensenator Frank Henkel (CDU), sei dem Senat besonders wichtig. Die Informationsveranstaltungen, die auf Nachfrage von den Schulen an der Jahrgangsstufe 10 durchgeführt werden können, dienen diesem gesetzlichen Auftrag. Lehrerinnen und Lehrer können die Veranstaltungen auf der Homepage des Verfassungsschutzes oder der Plattform »SchulePlus« anfragen – zudem gibt es in den Broschüren des Nachrichtendienstes Hinweise auf das kostenlose Angebot.
Die oppositionelle Linksfraktion kritisiert die Veranstaltung des Berliner Verfassungsschutzes seit längerem. Der Nachrichtendienst war in seiner Vergangenheit immer wieder in sicherheitspolitische Skandale verwickelt: Um die Jahrtausendwende wurde das einst unabhängige Landesamt für Verfassungsschutz deshalb sogar in eine Abteilung des Innensenats integriert. Auch im Kontext des NSU-Skandals vor einigen Jahren stand die Abteilung wegen des illegitimen Schredderns von Akten im Fokus der Medien.
»Als Geheimdienst ist der Verfassungsschutz ein Fremdkörper in der Demokratie. Er hat an Schulen nichts zu suchen«, sagt der Innenexperte der LINKEN, Hakan Taş, dem »nd«. So arbeite der Verfassungsschutz mit »Neonazis und anderen verabscheuungswürdigen V-Leuten« zusammen. Er sei die »intransparenteste Behörde«, die es gibt. »Dass so jemand unseren Schülerinnen und Schülern erklären soll, was demokratisch ist und was nicht, ist absurd«, betont Taş. Die Linkspartei appelliert deswegen an die Schulen, stattdessen unabhängige und kompetente Partner aus der Zivilgesellschaft einzuladen. Davon gebe es viele in Berlin, sowohl für das Thema Rechtsextremismus, aber auch für das aktuell stark nachgefragte Thema Islamismus.
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