Angstmacher
Nicolas Šustr über die zahlreichen Bedrohungen in der Hauptstadt
Berlin hat ein Gewaltproblem - keine Frage. Während am Kottbusser Tor in Kreuzberg sich Passanten vor extrem aggressiven Taschendieben fürchten, sind es andernorts häufig Flüchtlinge, die Angst haben müssen, weil Rassisten sie bedrohen. Die Stadt bietet ihren Bewohnern an vielen Orten momentan kein sicheres Gefühl.
Warum ist das so? Ist es der durch steigende Mieten und die auseinandergehende Einkommensschere zunehmende Verdrängungsdruck, der offenbar immer mehr Menschen die Regeln eines zivilisierten Zusammenlebens vergessen lässt? Der Gedanke ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Immerhin, ein letzter Rest von Anstand bleibt, machen sich Gewalttäter immer noch wenig Freunde.
Kopfschütteln erzeugt auch die Aktion der vermummten Gruppen, die sich im Neubaugebiet an der Flottwellstraße sowie in der Hipsterzone in der Neuköllner Weserstraße pubertär ausgetobt haben. Das ging zwar gegen Dinge und nicht gegen Menschen. Aber das Ziel ist doch am Ende, Menschen Angst zu machen.
Dieselbe Strategie steckt hinter den Angriffen auf Parteibüros und Wohnhäusern von Politikern. Angst ist niemals emanzipatorisch. Sie zerstört Vertrauen und Zusammenhalt. Deshalb drehen auch in fast allen Ländern gerade die Rechtspopulisten am Rad. Es bildet sich eine Große Koalition der Angstmacher - von islamistischen Terroristen bis hin zu rassistischer Bürger -, die sich gegenseitig so perfekt ergänzen. Es gibt genügend Dinge, über die man wütend sein kann, aber Wut ist - das weiß jeder aus Beziehungen - nicht konstruktiv, wenn man sie einfach ablässt.
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