Tschechien: Protest wegen Strafanzeigen gegen HIV-Positive

Die tschechische Polizei stellte Strafanzeige gegen 30 HIV-positive Männer / Vorwurf »Verbreitung ansteckender menschlicher Krankheiten« / Europäische Organisationen und Dachverbände der Aidshilfe protestieren

  • Lesedauer: 2 Min.

Prag/Berlin. Die Prager Gesundheitsbehörden haben Strafanzeige gegen 30 HIV-positive Männer gestellt, weil sie angeblich Sex ohne Kondom hatten und damit die Weitergabe von HIV riskiert hätten. Anlass für die Anzeigen war, dass bei den Betroffenen weitere sexuelle Infektionen wie Syphilis diagnostiziert worden war. Gegen die Strafverfolgung dieser Männer richtet sich am Freitag ein offener Brief mehrerer Europäischer Organisationen und Dachverbände der Aidshilfe an die tschechische Regierung.

In diesem Protestschreiben fordern sie die tschechische Regierung auf, die Strafverfolgung gegen die betroffenen Männer zu stoppen und bezeichneten dieses Vorgehen als »diskriminierend« und »kontraproduktiv«. Unterzeichnende waren Organisationen wie EU HIV/AIDS Civil Society Forum, AIDS Action Europe, International Community of Women Living with HIV und das HIV Justice Network. Die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) unterstützt den Protest. »Die strafrechtliche Verfolgung von Menschen mit HIV ist in jeder Hinsicht inakzeptabel und richtet schweren Schaden an«, so der Vorstand der DAH Ulf-Arne Hentschke-Kristal.

Die beschuldigten schwulen Männer hatten sich im Laufe des letzten Jahres mit einer oder mehreren sexuell übertragbaren Infektionen angesteckt, so die Informationen der DAH. Das Prager Hygieneamt schloss daraus, sie hätten Sex ohne Kondom gehabt und gab diese vertraulichen Informationen an die Polizei weiter. Die Behörde rechtfertigt dies mit dem Verbot der »Verbreitung ansteckender menschlicher Krankheiten«. Sexuelle Infektionen wie Syphilis oder Tripper beweisen aber nicht – so die Einschätzung der Europäischen Organisationen der Aidshilfe – , dass jemand Sex ohne Kondom hatte. Denn Kondome reduzierten zwar das Risiko solcher Infektionen, eine Übertragung sei aber trotzdem möglich.

»Die strafrechtliche Verfolgung von Menschen mit HIV ist in jeder Hinsicht inakzeptabel und richtet schweren Schaden an«, warnte Hentschke-Kristal. Tschechien sollte diesen gesundheitspolitischen Fehltritt so schnell wie möglich korrigieren. Die Aidhilfe-Organisationen begründen ihr Einschreiten nicht nur mit den verletzten Persönlichkeitsrechten der betroffenen tschechischen Männer. Sie betonen auch, dass eine akzeptierende unterstützende liberale Haltung der Gesellschaft wichtig für wirksame Prävention der Verbreitung von AIDS sei. Die strafrechtliche Bedrohung HIV-positiver Menschen könne Menschen vom Aidstest abschrecken und damit auch eine frühzeitige HIV-Therapie verhindern. Dies fügt der Gesundheit der Betroffenen schweren Schaden zu und führt dazu, dass sie HIV weiter übertragen könnten. Positive geteste Personen, die sich in Behandlung begeben, besitzen ein viel geringeres Risiko, das Virus zu übertragen. ker

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