FIFA-Kongress segnet Reformen ab

179 von 201 Stimmberechtigten sagen Ja zu Veränderungen im Fußballweltverband

  • Jan Mies und Alexander Sarter, Zürich
  • Lesedauer: 3 Min.
Die FIFA hat ihre Statuten reformiert. Mehr Demokratie, mehr Transparenz und ein klare Gewaltenteilung sollen beim Weltverband Einzug halten.

Die FIFA hat ihre Statuten reformiert. Mehr Demokratie, mehr Transparenz und ein klare Gewaltenteilung sollen beim Weltverband Einzug halten.

Der FIFA hat mit der Verabschiedung des Reformpakets einen Schritt Richtung Neuanfang getan. Im Kampf gegen Korruption und Betrug wird sich der krisengeplagte Fußball-Weltverband damit komplett neu erfinden - einen Langzeitherrscher wie Ex-Präsident Joseph S. Blatter (79) wird es in Zukunft nicht mehr geben.

Mit 179 von 201 gültigen Stimmen (89 Prozent) wurde das Paket um 11:21 Uhr abgesegnet. Unter anderem eine Gewaltenteilung, mehr Transparenz und Integrität sowie eine Frauenquote werden nun in die FIFA-Statuten implementiert. Die Veränderungen treten 60 Tage nach dem Kongress in Kraft.

»Sie haben die große Chance, ein neues Kapitel aufzuschlagen«, hatte Thomas Bach, der deutsche Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), zuvor eindringlich an die Vertreter der FIFA-Mitgliedsverbände appelliert. Ein Scheitern wäre »ein Albtraum« gewesen, sagte auch der frühere DFB-Präsident Wolfgang Niersbach (65) vor Kongressbeginn. Die einflussreichen Sponsoren der FIFA sowie die Justizbehörden aus der Schweiz und den USA hatten den Neuanfang vehement gefordert - alles andere hätte den Weltverband noch viel tiefer in die Krise gestürzt.

Durch die wegweisende Entscheidung wird nun die Macht vom zuvor allmächtigen FIFA-Exekutivkomitee, das in eine Art Aufsichtsrat mit mehr Mitgliedern (36 statt 24, darunter mindestens sechs Frauen) umgewandelt wird, hin zum Generalsekretariat wandern.

Dort wird künftig das operative Geschäft mit den Milliardendeals abgewickelt. Der neue Rat (FIFA-Council) hingegen ist »nur« noch für die politische Richtung verantwortlich. Der neue und lediglich noch eher repräsentative Präsident ist dadurch nicht mehr der rechtliche Vertreter der FIFA und auch nicht mehr zeichnungsberechtigt.

Allerdings steckt dahinter der erste Fallstrick: Der neue und nunmehr sehr einflussreiche Generalsekretär wird künftig zwar nicht mehr vom Präsidenten ernannt und entlassen. Der neue FIFA-Boss schlägt aber weiterhin einen Kandidaten vor, der vom Council abgesegnet wird. Mit dem Nachfolger des Deutschen Markus Kattner, der die Verwaltung übergangsweise führt, steht und fällt deshalb fast der komplette Neuanfang.

In dem neuen Rat wird zudem noch weiter der Großteil der Funktionäre sitzen, die in den vergangenen Jahren die Krise zu verantworten hatten. Der neue Integritäts- und Eignungscheck, der bei jedem neuen Ratsmitglied (gewählt wird weiterhin direkt in den Konföderationen) durchgeführt wird, fällt bei den Alteingesessenen aus. Auch gilt für die derzeitigen Exko-Mitglieder die neue Amtszeitbeschränkung (maximal zwölf Jahre) nicht rückwirkend, die Uhr wird auf null gestellt. Über allem wird künftig die unabhängige Audit- und Compliance-Kommission stehen, die beispielsweise alle Geldflüsse überwacht. In den dann nur noch neun ständigen FIFA-Kommissionen sollen deutlich mehr unabhängige »Externe« sitzen. Für die personelle Zusammenstellung ist allerdings auch der Rat zuständig.

Das Gehalt der hohen Amtsträger wird in Zukunft veröffentlicht, was eine der meistgestellten Fragen - »Was verdient der Präsident?« - beantworten wird. Am Freitagabend sollte in Zürich der Nachfolger des gesperrten Joseph Blatter gewählt werden. Bis wenige Stunden vor der geheimen Abstimmung zeichnete sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Generalsekretär Gianni Infantino (45/Schweiz) von der Europäischen Fußball-Union und Asiens Verbandschef Scheich Salman bin Ibrahim Al Khalifa (50/Bahrain) ab. Tokyo Sexwale (62) aus Südafrika hatte seine Kandidatur noch vor dem Urnengang zurückgezogen.

Die Skandale der Vergangenheit muss der Weltverband allerdings unabhängig von seiner Neuausrichtung teuer bezahlen. Generalsekretär Kattner erklärte, dass die FIFA im Jahr 2015 erstmals seit langer Zeit wieder Verlust gemacht habe. Die konkreten Zahlen sollen beim Kongress Mitte Mai in Mexiko vorgelegt werden. SID

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.