Wenn's alle angeht, geht was
Die Ultras wissen, dass man nicht einem Boot sitzen muss, um zu merken, dass das Wasser steigt
Was ist eigentlich los in Fußball-Deutschland? Da überlegen Fußballfunktionäre, die lange Jahre als Fürsprecher von Solidarität und Kollegialität galten, ob sie der Zweiten Liga nicht künftig mehr Geld geben sollen, wo sie doch von den Topvereinen dazu gedrängt werden, ihrerseits auf Geld zu verzichten. Also immer brav nach unten treten. Und was machen die Ultras? Sie zeigen, dass so etwas wie Solidarität auch dann möglich ist, wenn die Abneigung nicht auf einem Konkurrenzverhältnis beruht, sondern auf echtem H.., ähm, echter Abneigung.
Man kann weder Rostockern und Magdeburgern, noch Fürthern und Nürnbergern nachsagen, dass sie sich sonderlich mögen, doch offenbar haben die maßgeblichen Leute in deren Gruppen verstanden, dass es Themen gibt, in denen man schon verloren hat, wenn man sich auseinanderdividieren lässt. Lärmschutzverordnungen, die dazu führen, dass man nach 22 Uhr draußen kein Bier mehr trinken darf, treffen ja schließlich auch jeden. Egal, ob er nun vor einer Kneipe rumstehen will, in der Black Metal läuft, oder in einer, in der Helene Fischer trällert. Einige Beispiele für viele:
Als der 1. FC Magdeburg auf Anraten der Polizei auf die glorreiche Idee kam, die Zahl der Gästetickets für die Rostock-Fans auf 700 zu reduzieren, meldete sich der Magdeburger »Block U« zu Wort, solidarisierte sich und stellte dem eigenen Verein ein paar unangenehme Fragen. Auch die Fans von Dynamo Dresden haben verstanden, dass sie auf dem gleichen Ast sitzen, an dem Vereine sägen, die willkürlich ihre Gästekurve verkleinern: Am kommenden Samstag wollen sie in Magdeburg demonstrieren, damit sie am 16. April das volle Gästekontingent von 10 Prozent aller Tickets bekommen. Zu ähnlichen Protesten kam es auch tief im Westen: Auch Gladbacher und Kölner Fans sind es offenbar leid, dass beide Vereine im Ping-Pong-System tausende Fans ausschließen, ohne dass die irgendetwas verbrochen hätten.
Ein schönes Beispiel dafür, dass man nicht einem Boot sitzen muss, um zu merken, wenn das Wasser steigt, lieferten auch die Fans beim fränkischen Derby am vergangenen Freitag. Da die Fürther Fans die Auflage bekommen hatten, auf jede Art von Choreographie zu verzichten, verzichteten die Nürnberger auch. Und wer weiß, wie schwer das einem aufrechten fränkischen Fußballverein beim Derby fällt, hat verstanden, was gerade in den Fankurven passiert...
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