Spur der Scheine
Anwälte belasten Beckenbauer in WM-Affäre und schließen Stimmenkauf nicht aus
Frankfurt am Main. Die mit der Aufklärung der Affäre um die Weltmeisterschaft 2006 beauftragte Anwaltskanzlei Freshfields hat den Deutschen Fußball-Bund (DFB) und Franz Beckenbauer schwer belastet. Die WM-Organisatoren hätten die Rückzahlung des dubiosen Darlehens über zehn Millionen Schweizer Franken (6,7 Millionen Euro) an den französischen Geschäftsmann Robert Louis-Dreyfus bewusst verschleiert, hieß es am Freitag in Frankfurt am Main. Zudem wurde Beckenbauer erstmals eine direkte Verbindung mit der Zahlung nachgewiesen.
Kanzleivertreter Christian Duve sagte, die damaligen Mitglieder des Organisationskomitees (OK) Horst Schmidt und Theo Zwanziger hätten die Summe im April 2005 über ein FIFA-Konto zurückgezahlt, getarnt als Zuschuss für eine WM-Gala. Von dem Konto floss die Summe dann aber am selben Tag an Louis-Dreyfus weiter. Als die Gala 2006 abgesagt wurde, forderte der DFB das Geld nie zurück. Louis-Dreyfus hatte dem Verband drei Jahre zuvor den Betrag geliehen. Laut Freshfields floss der über ein Schweizer Konto nach Katar. Auf diesem Konto hatte auch Beckenbauer Millionensummen bewegt. Das Geld ging offenkundig an das mittlerweile gesperrte FIFA-Exekutivkomiteemitglied Mohamed Bin Hammam.
Ob die Millionen für Sepp Blatters Wahlkampf genutzt wurden, konnten die Ermittler nicht bestätigen. Auch nicht die Vermutung, dass Beckenbauer und Co. vor der WM-Vergabe im Jahr 2000 FIFA-Mitglieder bestochen hätten. »Ausschließen können wir es nicht«, sagte Duve, der Dokumente vorlegte, die auch hier ein korruptes Gebaren nahelegen.
Freshfields belastete zudem den zurückgetreten DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach. Er habe bereits im Juni 2015 von Unregelmäßigkeiten erfahren, es jedoch abgelehnt, das DFB-Präsidium oder gar die Öffentlichkeit darüber zu informieren. Niersbach begab sich offenbar lieber selbst auf die Spur der Scheine - wohl um herauszufinden, ob er als ehemaliges OK-Mitglied über die Affäre stolpern könnte. Diese hatte der »Spiegel« in Zusammenarbeit mit Niersbachs Vorgänger Zwanziger im Oktober veröffentlicht. Die Ermittler von Freshfields haben nun auch Zwanziger eine Mitwisserschaft nachgewiesen. ok Seite 11
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