»Bonn« liegt vor Lesbos

Nach langen Verhandlungen läuft nun in der Ägäis die »Schlepperjagd« der NATO

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.

Der unter deutschem Kommando stehende NATO-Verband in der Ägäis startet nach erfolgreichen Abstimmungen zwischen Griechenland und der Türkei in sein Operationsgebiet. Der deutsche Einsatzgruppenversorger »Bonn« als Flaggschiff des Verbands bezieht Position zwischen der Insel Lesbos und dem türkischen Festland. So lautete die dürre Nachricht des Verteidigungsministeriums am Sonntag.

Gut zweieinhalb Wochen sind vergangen, seitdem die NATO den Beschluss gefasst hat, einen ständigen Mittelmeer-Flottenverband in die Ägäis zu schicken. Dort, so der offizielle Auftrag, sollen die Marinesoldaten in direkter Zusammenarbeit mit der EU-Grenzschutzagentur FRONTEX »Informationen über Schleusernetzwerke« sammeln und dieses Wissen dann auch für die Sicherheitsbehörden und Küstenwachen von Griechenland und der Türkei bereit stellen.

Was das konkret heißt, können weder die NATO noch das deutsche Verteidigungsministerium erklären. Auftrag sei lediglich, »Schleuserbewegungen zu beobachten, auszuwerten und zu melden«, heißt es in Berlin. Das könnte man am türkischen Ufer besser gewährleisten. Die Strände, von denen die Flüchtlinge zu den griechischen Inseln Lesbos, Samos, Kos oder Chios starten, sind nur wenige Kilometer lang. Zudem fragt sich, wie man Schleuser auf See beobachten will, obwohl die sich doch nicht auf See wagen?

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg äußerte sich dazu nicht, wohl aber zu anderen wichtigen Details: Sollte ein Schiff unter NATO-Kommando auf ein Flüchtlingsboot in Seenot treffen, ergreife man selbstverständlich Rettungsmaßnahmen. Die so geretteten Flüchtlinge würden dann generell an die türkischen Behörden übergeben.

Solche Details der Operation haben offenbar langfristige Verhandlungen verursacht. Gleichfalls war offen, wie sich Schiffe der einander nicht wohlgesonnenen NATO-Partner Griechenland und Türkei an der Operation beteiligen sollen. Man einigte sich, dass sie jeweils in ihren und nicht in den jeweils anderen Hoheitsgewässern zum Einsatz kämen.

Zum Verband gehören neben der »Bonn« die kanadische Fregatte »Fredericton« sowie je eine griechische und eine türkische Fregatte. Frankreich will die »Commandant Bouan« und Großbritannien das Landungsschiff »Mounts Bay« schicken.

Während man die maritime Grenzverstärkung in der Ägäis betrachtet, kann man leicht übersehen, was und wo derzeit Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) üben. Das diesjährige Manöver »Flintlock 16« fand in Senegal und Mauretanien statt. Im kommenden Jahr soll es in Tschad veranstaltet werden.

In den vergangenen Wochen übten deutsche und tunesische Spezialkräfte in einem Team. Ein Hinweis auf kommende Gemeinsamkeiten? So bald wie möglich, das besagen Pläne der Bundesregierung, sollen in Tunesien libysche Einheiten von deutschen Soldaten für den Kampf gegen den Islamischen Staat gedrillt werden.

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