Das japanische Flugwunder

Skispringer Noriaki Kasai gehört auch mit 43 Jahren noch zu den Besten, die nächste Rekordmarke von 500 Weltcupstarts setzt er am Sonntag

  • Eric Dobias, Titisee-Neustadt
  • Lesedauer: 3 Min.
Seit 27 Jahren vorn dabei: Noriaki Kasai hat alle Technik- und Regeländerungen, die andere verzweifeln ließen, scheinbar mühelos in sein Sprungsystem einfließen lassen.

Berlin war noch durch die Mauer geteilt, als Noriaki Kasai am 17. Dezember 1988 sein Weltcupdebüt feierte. 2016 ist der schier unverwüstliche Skispringer aus Japan immer noch dabei - und absolviert an diesem Wochenende in Titisee-Neustadt den 500. Weltcup seiner unglaublichen Karriere. »Für mich selbst ist das eine Sensation. Es wird ein sehr emotionaler Moment für mich«, sagte der 43 Jahre alte Kasai vor dem einmaligen Jubiläum an diesem Sonntag.

Bei seinem ersten Auftritt vor mehr als 27 Jahren in Sapporo jubelte Dieter Thoma über Platz zwei hinter dem legendären Finnen Matti Nykänen. Nur zwei von vielen prominenten Namen aus einer anderen Skisprungepoche, gegen die Kasai noch gesprungen ist. Jens Weißflog gehörte ebenfalls dazu, auch Andreas Goldberger. Heute heißen Kasais Rivalen Peter Prevc oder Richard Freitag, die locker seine Söhne sein könnten.

»Ich denke zurück an wunderbare Momente, die ich in den ganzen Jahren erlebt habe, und natürlich auch an bittere Niederlagen und Verletzungen. Aber es überwiegen natürlich die Gedanken und die Freude an das, was ich alles erreicht habe und was ich in meinem Sport erleben durfte«, erzählte Kasai in einem Interview des Weltverbandes FIS.

Sein erster Sieg gelang ihm am 22. März 1992 - in Harrachov wurde er Skiflugweltmeister. Bei Olympia gewann er zweimal Silber und einmal Bronze. Von Weltmeisterschaften kehrte er mit zwei Silber- und fünf Bronzemedaillen heim. Bei der Vierschanzentournee wurde er zwei Mal Zweiter und schaffte im Weltcup 17 Siege und stand 52 Mal auf dem Podium. Seine weltweite Popularität verdankt Kasai aber eher einem anderen Umstand. Ähnlich wie Norwegens ein Jahr jüngerer Biathlonheld Ole Einar Bjørndalen setzt er praktisch alle Gesetze des Hochleistungssports außer Kraft. Unzählige Technik- und Regeländerungen, an denen andere verzweifelt sind, hat Kasai scheinbar mühelos in sein Sprungsystem einfließen lassen. Hinzu kommen absolute Fitness, Schnellkraft und die nie versiegende Lust am Fliegen.

Geht es nach Noriaki Kasai, der im Vorjahr geheiratet hat und erst vor wenigen Wochen zum ersten Mal Vater geworden ist, bleibt das noch viele Jahre so. »Als ich 40 geworden bin, habe ich mir fest vorgenommen, dass ich springe bis ich 50 Jahre alt bin. Das wären also noch sieben Jahre. Momentan fühle ich mich fit genug, um diesen Plan auch umzusetzen«, sagte Kasai. Sein aktuelles Leistungsvermögen spricht dafür. Im vergangenen Jahr avancierte er mit 42 zum ältesten Weltcupsieger der Geschichte, in diesem Winter stand er auch schon fünfmal auf dem Podest. Und dann ist da noch ein ganz großes Ziel: »Die 500 ist eine schöne Zahl, aber meine Lieblingszahl ist die 6. Ich möchte gerne die 600 feiern. Wenn ich den Rekord mit den meisten Starts schon halte, dann soll er auch so sein, dass ihn niemand mehr brechen kann.« SID/nd

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