Das Gehaltsgefälle bleibt riesengroß
Im Schnitt verdienten die Vorstände der größten Konzerne 2015 rund sechs Millionen Euro mehr als im Jahr zuvor
Die führenden deutschen Konzerne zahlten ihren Vorständen für das vergangene Jahr im Schnitt rund drei Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Dies geht aus den Vergütungsberichten hervor, die 16 der 30 DAX-Konzerne bisher veröffentlicht haben. Damit verdienen Vorstände weiterhin das 200- bis 300-fache eines Facharbeiters. Doch angesichts sinkender Gewinne oder gar Verluste in einer Reihe von Deutschlands größten Unternehmen müssen auch deren Chefs mit einer geringeren Vergütung zufrieden sein. Zu diesen Verlierern gehören unter anderen die Vorstände des Energieriesen RWE und der Deutschen Post.
Der Aufsichtsrat der Deutschen Bank hat nun sogar beschlossen, die variable Vergütung für das Geschäftsjahr 2015 für sämtliche Vorstandsmitglieder auf Null herabzusetzen, wie das Gremium am Freitag mitteilte. Die Gesamtvergütung des Vorstandes für 2015 beträgt damit 22,7 Millionen Euro und liegt um 36 Prozent unter dem Vorjahr. Auf die beiden Co-Vorstandschefs Jürgen Fitschen und John Cryan entfallen 3,8 Millionen beziehungsweise 1,9 Millionen Euro. Ihr Vorgänger Josef Ackermann hatte zeitweise mit zweistelligen Millionenbeträgen die Riege der deutschen Bestverdiener angeführt. Der Vorstand des größten deutschen Geldhauses hat jedoch im Geschäftsjahr 2015 einen enormen Verlust zu verantworten, der zu einem großen Teil auf juristisch fragwürdige Geschäftspraktiken zurückgeht.
Dabei zeigen die bisher veröffentlichten Vergütungsberichte der größten Aktiengesellschaften, dass neun Topmanager zuletzt mehr verdienten, während sieben Konzernchefs weniger kassierten. Dabei haben diejenigen auf der Gewinnerseite im Schnitt 13 Prozent mehr erhalten als im Vorjahr. Diejenigen, die Einbußen hinnehmen mussten, werden dies auf Grund ihres weiterhin hohen Verdienstes wohl verkraften können.
So bekam Post-Boss Frank Appel zwar zehn Prozent weniger als 2014, liegt aber mit 8,8 Millionen Euro auf dem zweiten Platz der Bestverdiener. Auf Platz eins landet Daimler-Chef Dieter Zetsche. Dieser profitiert von den zurückliegenden guten Jahren und dem kräftig steigenden Aktienkurs des Autobauers. Konservativ gerechnet kommt Zetsche einschließlich Bonuszahlungen auf 9,7 Millionen Euro. Berücksichtigt man auch die Wertzuwächse der seit 2011 ausgegebenen Aktienoptionen, die nun eingelöst werden können, sind es de facto sogar 14,3 Millionen Euro. Den größten Verdienstzuwachs konnte aber Infineon-Chef Reinhard Ploss verbuchen. Seine Vergütung stieg um ein Drittel auf 2,7 Millionen Euro.
Zu den Gewinnern zählen auch die Spitzenleute von Merck, Bayer, Thyssen, Telekom, Siemens, E.on, Linde, Beiersdorf und Infineon. Auf der Verliererliste stehen neben Cryan, Fitschen und Appel auch die Chefs von BASF, Henkel, RWE und Adidas. Rechnet man beide Gruppen zusammen, ergibt dies unterm Strich einen durchschnittlichen Vergütungszuwachs von drei Prozent beziehungsweise sechs Millionen Euro. Der Abstand zum Einkommen der Belegschaften ist somit durchschnittlich nicht weiter gestiegen, aber auch nicht kleiner geworden.
Die Gewerkschaften fordern seit langem eine Deckelung der Spitzengehälter sowie die Berücksichtigung ökologischer und sozialer Ziele bei der Gehaltsberechnung. Doch etwaiger Beteuerungen zum Trotz orientieren sich die Aufsichtsräte bei den Managergehältern weniger an den übrigen Gehältern im Betrieb als vielmehr an anderen Kriterien. Der Vergleich zu anderen Unternehmen oder Kennzahlen wie Gewinn und Kapitalrendite sind entscheidender.
Damit wurden die Gewerkschaftsvertreter in den Aufsichtsräten zumindest 2015 teilweise den an sie herangetragenen Forderungen gerecht, die Bezüge der Bosse zu deckeln und auf den Tariflohnanstieg zu begrenzen. Weiterhin sollen die Vertreter der Belegschaft in dem Kon-trollgremium dafür sorgen, dass die Gehälter nicht nur nach Rendite-Gesichtspunkten bemessen werden, sondern auch nach ihrem Beitrag für eine »bessere« Welt.
Mit welchem Erfolg? Fast jeder Geschäftsbericht handelt inzwischen auch von der »nachhaltigen« Unternehmensentwicklung. »Nachhaltigkeit ist ein fester Bestandsteil unseres Handelns«, heißt es zum Beispiel beim Autobauer Daimler. Gemeint ist aber offenbar eher ein langfristig stabiles Ergebnis als sauberere Luft.
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