Loyaler Stellvertreter
Persoalie: Htin Kyaw ist Präsidentschaftskandidat in Myanmar
Der 69-jährige Htin Kyaw ist auf dem Weg zum Präsidentenamt Myanmars ein gutes Stück vorangekommen. Am Freitag erhielt der Politiker der »Nationalen Liga für Demokratie« (NLD) 274 von 317 Stimmen im Unterhaus des Parlaments. Voraussichtlich am Montag wird nach einer letzten Abstimmung die endgültige Nominierung feststehen. Kaum jemand in dem südostasiatischen Land zweifelt an seinem Sieg. Die sozialdemokratische NLD hatte im November letzten Jahres rund 80 Prozent der zur Wahl stehenden Parlamentssitze gewonnen. Die jahrzehntelange Vorherrschaft des Militärs war vorerst zu Ende.
Normalerweise wäre nach dem Machtwechsel die populäre NLD-Vorsitzende und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi neues Staatsoberhaupt geworden. Eine von der Militärregierung geschaffene Verfassungsklausel versperrt ihr jedoch diesen Weg. Da ihre Kinder nicht die myanmarische Staatsbürgerschaft besitzen, kann Suu Kyi nicht selbst Präsidentin werden.
Die NLD wählte deshalb mit Kyaw einen loyalen Parteigenossen und engen Vertrauten der Politikerin als Präsidentschaftskandidaten aus. Aung San Suu Kyi erklärte mehrmals, dass sie es aber sein wird, die im Hintergrund die Fäden zieht. Sie werde »über dem künftigen Präsidenten stehen«, sagte sie gegenüber Medien.
Htin Kyaw ist indes kein Unbekannter. Als Sohn des Poeten und NLD-Politikers Min Thu Wun verfügt er über mehr Einfluss als andere innerhalb der Partei. Er ist zudem studierter Ökonom und Vorsitzender einer gemeinnützigen Stiftung. Kyaw bekleidete bereits früher politische Ämter, zog sich aber von diesen wieder zurück. Seine Loyalität steht außer Frage: Er war nicht nur ehemaliger Schulkamerad von Suu Kyi, sondern auch ihr persönlicher Fahrer und politischer Berater.
Einfach wird die neue Arbeitsstelle nicht: Das Militär hat sich per Verfassung ein Viertel der Parlamentssitze gesichert. Es wird seinen Einfluss und seine Privilegien mit aller Macht verteidigen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.