Dompteuse der 45 Männer im Kreistag

Beim verspäteten Frauentagsempfang im Landtag kamen Fortschritte und altbekannte Probleme zur Sprache

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Einkommensunterschied von Männern und Frauen ist in Brandenburg gesunken, beträgt aber immer noch acht Prozent.

Unter dem Motto »Brandenburgische Frauen reden über Gleichstellung heute, morgen und übermorgen« findet am Dienstagabend verspätet der Landtagsempfang zum Internationalen Frauentag statt. Neu ist dabei das wenigste, wichtig aber alles. »Wenn Frauen zusammenkommen, dann wird ganz schön geschnattert«, kann sich Landtagspräsidentin Britta Stark (SPD) nicht verkneifen. In der Lobby des Landtagsschlosses ist eine Podiumsdiskussion zu Ende gegangen, die schon davor im anschwellenden Gemurmel fast untergegangen war. Wollen Frauen nicht hören, was Frauen zu sagen haben?

Die Herausforderungen moderner Gleichstellungspolitik stehen im Mittelpunkt des Empfangs. Der Einladung gefolgt sind mehr als 150 engagierte Frauen aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft.

Im Kreistag Oberspreewald-Lausitz sitzen 45 Männern und nur fünf Frauen, sagt die Kreistagsvorsitzende Monika Schulz-Höpfner (CDU). Da fühle sie sich mitunter als »Dompteuse«. Es sei schon erstaunlich, wie wenige Frauen »in der Politik ankommen«. Bei der CDU gibt es allerdings im Unterschied zu LINKE und SPD auch keine Frauenquote.

In der Linkspartei gebe es viele Frauen und sie können sich dort auch Gehör verschaffen, erklärt die Studentin Gesine Dannenberg, die für die LINKE im Potsdamer Stadtparlament sitzt. Von den vergeblichen Versuchen, allein etwas zu bewegen, habe sie persönlich irgendwann »die Nase voll gehabt«, erzählt Dannenberg. In einer Partnerschaft erwarte sie, dass die häusliche Arbeit gerecht zwischen aufgeteilt wird. »Wir haben die Parität der Geschlechter längst nicht erreicht«, meint die Studentin. Ihr zur Seite sitzt Hannah Weber, 18 Jahre alt, evangelisch und bei den Jusos aktiv. Sie berichtet von ihrer schweren Schulzeit und der außerordentlichen Belastung. Viel Hoffnung oder Mut kann ihr Gertrud Schmack, Geschäftsführerin des Hotels Bayrisches Haus in Potsdam, auch für die Zukunft nicht machen: Mit einem 35-Stunden-Woche sei manche Arbeit nicht zu schaffen, ihre eigene jedenfalls ganz bestimmt nicht. Es sei nach wie vor ein hoher Anspruch, Leitungstätigkeit und Familie unter einen Hut zu bekommen. Schulz-Höpfner erinnert sich an die Zeit vor 20 Jahren, als sie neu im Landtag war: Die Themen der Frauenpolitik klangen damals so ähnlich wie heute.

Landtagspräsidentin Stark nennt zwei Hauptziele der Gleichstellungspolitik: Mehr Frauen müssten in Führungspositionen, und dem Prinzip »gleicher Lohn für gleiche Arbeit« sei möglichst überall Geltung zu verschaffen. Dass dieses Prinzip im öffentlichen Dienst doch aber längst durchgesetzt sei, räumte sie ein. Doch existiere auch dort noch diese »gläserne Decke«, die immer noch dazu führe, dass Frauen gerade in Leitungspositionen unterrepräsentiert seien. Dennoch: Es habe sich einiges bewegt. Während vor Jahren die Gleichstellungsbeauftragten in den Kreisverwaltungen ein Schattendasein führten, werden sie heute anerkannt. Sie haben sich eine »gute Stellung erarbeitet«, meint Stark.

Für Familienministern Diana Golze (LINKE) ist in den vergangenen Jahren doch »einiges geschafft« worden in Brandenburg. Der Einkommensunterschied zwischen Männer und Frauen betrage inzwischen acht Prozent, nicht mehr 22 Prozent. Dennoch gebe es viel zu tun. Die Gefahr für alleinerziehende Mütter, arm zu werden, sei bedrückend. Nach wie vor sind Frauen in Pflegeberufen fast unter sich. Immerhin rücken sie dort auch in Leistungsfunktionen auf. Heike Lenk vom DRK-Kreisverband Fläming-Spreewald sagt: »Wir haben 900 Mitarbeiter. Von unseren Abteilungsleitern sind die meisten Frauen.«

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