Direkte Demokratie für Schiffstaufe

Die britische Umweltforschungsagentur will ihrem neuen Polarschiff einen Namen geben. Bei der Internetabstimmung liegt derzeit allerdings ein Klamaukname weit vorn

  • Barbara Barkhausen
  • Lesedauer: 3 Min.

Noch ist nichts entschieden, doch eine Namensabstimmung für ein Forschungsschiff, das ab 2019 in der Antarktis kreuzen soll, macht derzeit weltweite Schlagzeilen. Denn der mit über 25 000 Stimmen bisher unangefochtene Favorit der Abstimmung im Internet ist der Name RRS Boaty McBoatface. RRS steht dabei für »Royal Research Ship«, also königliches Forschungsschiff. Boaty McBoatface lässt sich dagegen nur schwer übersetzen. Der Name - deutsch etwa Bootsmann McBootsgesicht - ist eindeutig als Witz gemeint.

Doch laut der Internetgemeinde soll das der Name für eines der ehrwürdigen Schiffe der britischen Polarforschung werden, dessen Bau 200 Millionen britische Pfund (260 Millionen Euro) kosten wird. Das Schiff wird 128 Meter lang sein, 60 Tage am Stück auf See verbringen und dabei bis zu 90 Wissenschaftler und Crewmitglieder beherbergen können - eine ernste Sache also.

Den Pinguinen, deren Konterfei derzeit häufig die völlig überlastete Webseite der Forschungsagentur National Environment Research Council (NERC) ziert, die den Namenswettbewerb im März ausgeschrieben hat, wird es herzlich egal sein, wie das Schiff heißt, das an ihren Eisbergen in der Antarktis vorüberrauscht. Doch was die Vorgesetzten des NERCs darüber denken und vor allem die britische Königin, die dem Forschungsschiff ja das »königlich« verleiht, das bleibt noch abzuwarten. So oder so behält sich die Forschungsagentur die letztendliche Entscheidung vor, wie es schlauerweise in den Geschäftsbedingungen des Wettbewerbs heißt.

Bei den Verantwortlichen könnte der Name, der derzeit an zweiter Stelle geführt wird, populärer sein: RRS Henry Worsley - benannt nach dem britischen Antarktisforscher Henry Worsley, der Ende Januar bei seinem Versuch, die Antarktis zu durchqueren, gestorben ist. Er hatte seine Solo-Expedition am 71. Tag aufgeben müssen, keine 50 Kilometer von seinem Ziel entfernt.

Während viele Internetnutzer auf sozialen Medien ihre Hoffnung zum Ausdruck brachten, dass die Forschungsagentur Humor beweise und dem Gewinner der Abstimmung auch das Namensrecht gestatten werde, ließ der Brite, der den Namen einreichte, durchblicken, dass das Ganze seiner Meinung nach doch ein wenig außer Kontrolle geraten sei. So schrieb James Hand auf Twitter, adressiert an die Forschungsagentur: »Das tut mir alles schrecklich leid.«

Boaty McBoatface hat derweil ein Eigenleben im Internet entwickelt und führt derzeit bereits seinen eigenen Twitter-Account. Mit James Hand hat dieser schon nichts mehr zu tun, wie der Brite auf seinem eigenen Twitter-Account versicherte.

Neben RRS Boaty McBoatface und RRS Henry Worsley sind andere populäre Vorschläge noch RRS David Attenborough, RRS Pingu und RRS It’s bloody cold here - also übersetzt: RRS Es ist verdammt kalt hier.

Es geht eben nichts über britischen Humor.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -