Söder fordert strengere Meldepflichten für Briefkastenfirmen
Linkspartei: Steuerbetrug zerstört Vertrauen in Politik / Fraktionsvize Korte zu Panama Papers: Praxis nach Motto »Ihr klaut uns unser Geld, aber reden wir nicht drüber« muss enden / CSU-Minister fordert Tobin-Tax
Update 10.30 Uhr: Söder fordert strengere Meldepflicht für Briefkastenfirmen
Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) pocht auf strengere Meldepflichten und schärfere Sanktionen für Briefkastenfirmen. Steuerpflichtige sollten verpflichtet werden, »jede Beteiligung an, jede wirtschaftliche Beziehung zu und jede tatsächliche Beherrschung von Unternehmen in Offshore-Staaten darzulegen«. Das geht aus einem Beschlussvorschlag für die Finanzministerkonferenz an diesem Donnerstag in Berlin hervor, den Söder am Mittwoch in München vorstellte. Werden diese Melde- und Offenlegungspflichten verletzt, sollen scharfe Sanktionen drohen.
Zuvor hatte nach der Veröffentlichung der sogenannten Panama Papers bereits Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) eine Ergänzung des bestehenden Geldwäschegesetzes sowie ein nationales Transparenzregister angekündigt und gesagt: »Briefkastenfirmen, bei denen die wirtschaftlich Berechtigten anonym bleiben, darf es in Zukunft nicht mehr geben.«
Söder ergänzte, auch Banken müssten deutlich stärker in die Pflicht genommen werden: Er fordert eine Anzeigepflicht für Banken und Dienstleister, die solche »Geschäftsbeziehungen« vermitteln, gegenüber den Steuerbehörden. Werden bei Bankenprüfungen kritische Zahlungen oder Vermittlungen festgestellt, sollen Kontrollmitteilungen möglich sein.
Linkspartei: Steuerbetrug zerstört Vertrauen in Politik
Berlin. Nach dem Auffliegen eines Netzes von dubiosen Briefkastenfirmen im Zuge der Enthüllungen durch die »Panama Papers« hat der Linkenpolitiker Jan Korte vor einer Zerstörung des Vertrauens in die Politik gewarnt. »Spätestens die Panama Papers sollten Bund und Länder zum Anlass für eine gemeinsame Anstrengung nehmen, den Steuerbetrug einzudämmen«, sagte der Vizechef der Linksfraktion im Bundestag. Korte forderte mehr Steuerprüfer in den Ländern, härtere Regeln für Banken und »klare Wirtschaftssanktionen gegenüber den Ländern, die Steuerbetrug erleichtern«. Es dürfe »nicht sein, dass weiter nach dem Motto ›Ihr klaut uns unser Geld, aber reden wir nicht drüber‹, vorgegangen wird. Und es gibt auch keinen Grund dafür, mit nationalen Maßnahmen auf internationale Absprachen zu warten.«
Nach Schätzung der Deutschen Steuergewerkschaft liegen die Mindereinnahmen in der Bundesrepublik durch Steuerbetrug bei rund 50 Milliarden Euro im Jahr. »Wer auf 50 Milliarden verzichtet und dafür Kommunen zum Kaputtsparen zwingt, Rentner Pfand sammeln lässt oder den staatlichen Bildungsauftrag vernachlässigt, zerstört das Vertrauen in die Politik«, so Korte. Er erinnerte daran, dass bei Hartz-IV-Antragstellern »jeder nicht angegebene Euro, den es von der Oma zum Geburtstag gab, zu existenzgefährdenden Leistungskürzungen führen« könne. Einkommensmillionäre dagegen müssten »nur alle Jubeljahre mit einer Steuerprüfung rechnen. Diese staatlich organisierte Ungleichbehandlung muss ein Ende haben.«
Der Schattenwirtschaftsexperte Friedrich Schneider von der Universität Linz hält derweil das von Justizminister Heiko Maas geplante Transparenzregister im Kampf gegen Briefkastenfirmen für unzureichend. Der »Neuen Osnabrücker Zeitung« sagte er, »Deutschland und die EU müssen Briefkastenfirmen viel strenger an die Kandare nehmen und gewisse Zahlungen von Offshore-Konten einfach ablehnen«. So sollten etwa alle Überweisungen ab einer Million Dollar aus einer Steueroase auf ein europäisches Konto kontrolliert werden. Die Behörden müssten zudem eine Rechnung verlangen, die Auskunft geben müsse, ob es sich etwa um den Kauf einer Immobilie oder um ein Export-Produkt handle. Wer sich daran nicht halte, müsse bestraft werden.
Schneider forderte zudem, dass die 20 wichtigsten Industriestaaten mehr Druck auf Steueroasen wie Panama ausüben. Insgesamt bezifferte Schneider weltweit das Schwarzgeld-Aufkommen auf rund 600 Milliarden Dollar pro Jahr. Deutschland liege im internationalen Vergleich bei der Geldwäsche im unteren Drittel. Die Schätzung des Bundesfinanzministeriums, wonach jedes Jahr 100 Milliarden Euro Schwarzgeld in Deutschland gewaschen werden, hält Schneider für stark überhöht: »Diese Angabe ist total utopisch.« Der Experte beziffert die Zahl lediglich auf rund 20 Milliarden Euro, also nur ein Fünftel.
Unterdessen hat Entwicklungsminister Gerd Müller von der CSU die Einführung einer weltweiten Transaktionssteuer verlangt. Eine solche Abgabe »auf den weltweiten computergesteuerten Hochgeschwindigkeitshandel könnte ein Finanzausgleichssystem von Superreich zu Arm finanzieren. Schon ein Satz von 0,01 Prozent auf diese Transaktionen würde ausreichen, um eine dreistellige Milliardensumme für einen UN-Fonds zu erzielen«, sagte er der »Rheinischen Post«. Die »entfesselten Finanzmärkte« ermöglichten Milliardentransaktionen in Zehntelsekunden »an den Finanzmärkten zwischen Sydney, Shanghai und New York«, so Müller. Zugleich forderte er ein Aus für Briefkastenfirmen: »Ich bin für ein weltweites Verbot von Briefkastenfirmen. Geld muss an Namen und Firmen gebunden sein«, sagte der CSU-Politiker. »Briefkastenfirmen sind die schmutzige Seite des Kapitals.« Agenturen/nd
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