Abbas sucht Hilfe im Kanzleramt

Palästinenserpräsident auf Werbetour für neue Nahostresolution in der UNO

  • Oliver Eberhardt
  • Lesedauer: 3 Min.
Palästinenserpräsident Abbas hat in Berlin um Unterstützung für einen UNO-Resolutionsentwurf geworben. Am Abend zuvor wurden in Jerusalem 21 Menschen bei einem Anschlag verletzt.

Am Dienstagnachmittag, Palästinas Präsident Mahmud Abbas ist gerade im deutschen Bundeskanzleramt angekommen, haben sich in Ost-Jerusalem wieder junge Palästinenser versammelt. Steine werden geworfen; Polizei und Militär setzen Tränengas und Gummipatronen ein, schießen scharf in die Luft, wenn die mal kleineren, mal größeren Gruppen zu nahe kommen. Am Abend vorher ist in einem israelischen Bus eine Bombe explodiert; 21 Menschen wurden verletzt.

In Berlin versucht Abbas derweil, Bundeskanzlerin Angela Merkel davon zu überzeugen, »dass die Zeit für eine UNO-Resolution reif ist«, wie er schon seit Wochen immer wieder sagt: »der israelische Siedlungsbau hat die Zweistaatenlösung in ernsthafte Gefahr gebracht«, so Abbas. Vor einigen Tagen ist er auf große Werbetour gegangen: Bei Besuchen in der Türkei, in Frankreich, nun in Deutschland, in Russland und bald bei den Vereinten Nationen in New York wirbt er um Unterstützung für einen neuen Resolutionsentwurf, in dem der Siedlungsbau verurteilt werden soll.

Zwar hat Deutschland derzeit keinen Sitz im Sicherheitsrat; die palästinensische Regierung rechnet Merkel aber großen Einfluss sowohl international, als auch in Israel zu - und hofft dementsprechend darauf, dass sie diesen geltend macht. Ob sie diesen aber, so er tatsächlich existiert, auch in die Waagschale wirft und ob dies dann auch die gewünschte Wirkung hätte, ist unklar: Die Fronten zwischen Israelis und Palästinensern sind sehr fest gefahren.

So schrieen sich der israelische UNO-Botschafter Danny Danon und sein palästinensischer Kollege Rijad Mansur am Montag bei einer Aussprache über die Resolutionsbestrebungen vor dem Sicherheitsrat in New York Minuten lang an, und waren auch durch Ordnungsrufe nicht zu beruhigen: Mansur solle den palästinensischen Terror verurteilen, forderte Danon; Mansur beschuldigte Israel, palästinensische Kinder zu töten, und führte das Beispiel des 2014 von israelischen Extremisten verbrannten Mohammed Abu Chdeir an. Der Haupttäter wurde am Dienstag schuldig gesprochen, nachdem er von einem Gutachter für voll schuldfähig erklärt worden war: Das Urteil wird am 3. Mai gesprochen, muss aber zwingend auf lebenslange Haft ohne Aussicht auf Bewährung lauten. Der Tod des Jugendlichen aus dem arabischen Ostteil Jerusalems löste damals gewaltsame Proteste aus.

Was im Entwurf steht, ist indes unklar: Zwar kursiert ein Papier; das eigentliche Dokument sei aber noch nicht fertig, sagt Palästinas Außenminister Riad al-Maliki. Man hoffe in diesem Zusammenhang auch auf eine Friedensinitiative, die Frankreichs Regierung vor einigen Monaten auf den Weg gebracht hatte: Spätestens im Juni will man die Konfliktparteien in Paris am Verhandlungstisch zusammen bringen.

Ob daraus etwas wird, ist aber fraglich: Die palästinensische Regierung will nur verhandeln, wenn auch konkrete Ergebnisse zu erwarten sind; Israels Regierung indes sperrt sich gegen jede Form von Druck. So hatte die französische Regierung ursprünglich damit gedroht, man werde Palästina anerkennen, wenn es nicht zu den Verhandlungen kommen sollte. Nachdem Israel protestierte, hat man dies relativiert: Eine Anerkennung sei kein Automatismus, so Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault.

Immer wieder hatte Israels Regierung danach neue Wohnungsbauprojekte in israelischen Siedlungen in den besetzten Gebieten angekündigt; zuletzt hatte man in der vergangenen Woche die Baugenehmigung für 200 Wohnungen in Givat Ze'ew außerhalb von Jerusalem erteilt und das vor allem, weil die rechte, den Siedlern nahestehende Partei »Jüdisches Heim« Druck macht. Sie ist in der Koalition von Regierungschef Benjamin Netanjahu Zünglein an der Waage. Netanjahu wiederum hatte in der Vergangenheit zwar immer wieder Bebauungspläne in Siedlungen abgenickt, aber konkrete Baugenehmigungen selten erteilt.

Und damit nicht nur bei der palästinensischen Regierung das Gefühl erzeugt, dass die besetzten Gebiete vor allem Verfügungsmasse im ständigen Ringen um den Fortbestand der israelischen Regierungskoalition sind: »Das Gefühl, dass eine Veränderung der Lebensbedingungen in Palästina von wenigen Abgeordneten im israelischen Parlament abhängt, ist sehr weit verbreitet,« sagt Maliki.

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