Borussia bucht Berlin in Berlin
Hertha BSC ist beim 0:3 gegen Dortmund im Halbfinale des DFB-Pokals chancenlos
Nicht nur ein Spiel, sondern ein Ereignis, ein Spektakel hatte Hertha-Präsident Werner Gegenbauer vor dem Halbfinale zwischen Hertha BSC und Borussia Dortmund angekündigt. Ausverkauftes Olympiastadion, eine schon anderthalb Stunden vor Anpfiff voll besetzte Ostkurve, in der sich die Berliner Fans einsangen - über dem Endspielort des DFB-Pokals lag schon weit vor dem ersten Pfiff Endspielatmosphäre.
Für Herthas Trainer Pal Dardai war der Pokal schon vor Saisonbeginn der wichtigste Wettbewerb - im Juli 2015 schien diese Ansage angesichts der desaströsen Bilanz der Berliner in diesem Wettbewerb aus den vergangenen Jahren noch vermessen - Hertha hatte für die Lizenzunterlagen selbst nur die zweite Runde als Ziel ausgegeben. Auch gegen Dortmund fühlte man sich vor der Partie in der Rolle des Außenseiters wohl: Ein Bonusspiel nannte es Dardai - um daraufhin trotzdem immer wieder zu betonen, wie sehr er an das Erreichen des Finales glaubte.
Borussia Dortmund sah sich dagegen plötzlich in der Situation, schon Mitte April die Saison »retten« zu müssen. Kein Widerspruch trotz einer überragenden Saison, die aber in der Liga schon wieder nur mit Platz zwei hinter den übermächtigen Bayern enden dürfte und im Europapokal mit einem nervenaufreibenden 3:4 beim Liverpool FC ebenfalls schon beendet war. Für die schwarz-gelbe Mannschaft ging es an diesem Mittwochabend darum, die Chance auf einen Titel zu wahren, es wäre der erste seit dem Double 2012.
Borussia Dortmund hat mit rund 130 000 Mitgliedern so viele wie nie zuvor. Sympathischen Verlierern, die dabei äußerst attraktiven und überaus fairen Fußball spielen, fliegen eben die Herzen umso mehr zu. In diesem Halbfinale sollte aber ein Sieg her, auch wenn Torjäger Pierre-Emerick Aubemayang verletzt ausfiel. Wie ernst es Tuchels Mannschaft war, zeigte sich von Beginn an. Ab der 12. Minute übernahm die Borussia die Kontrolle. Vor allem Henrikh Mkhitaryan nutzte auf dem rechten Flügel den Platz, den ihm Herthas Marvin Plattenhardt ließ. Dort zog der Dortmunder zusammen mit Shinji Kagawa Angriff um Angriff auf - wie in der 21. Minute. Mkhitaryan legte auf Kagawa, der weiter zu Marco Reus im Zentrum. Dessen Schuss wurde noch geblockt, aber bei Castros Nachschuss aus 16 Metern in den Winkel war Rune Jarstein im Berliner Tor machtlos. Die Dortmunder wechselten das Tempo nach Belieben, ließen kaum Berliner Angriffe zu und mussten sich höchstens die mangelnde Chancenverwertung in der Halbzeitpause vom Trainer vorwerfen lassen.
Dardai musste da schon mehr kritisieren - fast nichts funktionierte im Berliner Spiel. Vielleicht war der Druck schon vor dem Anpfiff zu groß, als eine Lasershow den Eindruck aufkommen ließ, dass die Herthaner bereits mit dem Pokal auf dem Weg zum Brandenburger Tor waren und nicht kurz vor dem Anpfiff des Halbfinales.
Was Dardai zu sagen hatte, kam bei seinen Spielern nicht an - oder die Berliner waren an diesem Abend einfach nicht gut genug. Hatte die erste Hälfte bereits eine starke Dortmunder Mannschaft gezeigt, geriet der zweite Durchgang zu einer Machtdemonstration der Borussia vor mehr als 76 000 Zuschauern. Reus eroberte den Ball oft schon in der Spitze, Verteidiger Mats Hummels hatte genug Platz, um viele Angriffe einzuleiten. Und gerade als die Berliner nach der Einwechslung von zwei weiteren Stürmern und einer Kopfballchance von Salomon Kalou etwas Hoffnung schöpften, wurden sie von Kagawa und Reus zum 2:0 ausgekontert. »Dortmund ist eine schnelle Mannschaft, schneller als wir«, hatte Dardai noch vor der Partie gesagt. Das 3:0 der Borussen in der 82. Minute unterstrich das noch einmal: Reus dribbelte sich durch den Strafraum, legte auf Mkhitaryan, der allein vor dem Berliner Tor stand und nur einschieben musste.
Für Hertha war die Pokalsaison damit beendet, auf Borussia Dortmund wartet im Mai schon die nächste Reise in die Hauptstadt. Wie schon 2014 heißt der Finalgegner dann FC Bayern München. Denen mal wieder die Lederhosen auszuziehen, forderte der schwarz-gelbe Fanblock nach dem Spiel wenig einfallsreich von der eigenen Mannschaft, ein paar Herthaner im sich rasch leerenden Stadion summten dabei mit - am nächsten Sonnabend kommen die Bayern erst einmal in das wieder ausverkaufte Berliner Olympiastadion zum Bundesligaduell.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.