Mehr Stimmung hilft auch nicht
Oliver Kern mag Laufbahnen rund um Fußballplätze
Bundesligist Hertha BSC träumt derzeit mal wieder vom eigenen Stadion. Ein reines Fußballstadion soll es bitte sein, ohne Tartanbahn zwischen Rasen und Fans, denn die stört die Stimmung, sagen die Klubbosse. Fehlende Stimmung, argumentieren sie weiter, sei sogar ein herber Wettbewerbsnachteil, der schnell beseitigt gehört.
Am Mittwochabend war mal Stimmung im Olympiastadion, als die Hertha vor mehr als 70 000 Zuschauern Borussia Dortmund empfing. Per Skjelbred fand sie so toll, dass er sich nach dem Pokalspiel erst mal bei den Fans bedankte. So etwas hätte er noch nicht erlebt, sagte er über die andauernden Anfeuerungen während und die Choreographien vor der Partie. »Wir wollten etwas zurückgeben. Leider ist uns das dann nicht gelungen«, sagte der Mittelfeldspieler. Vielleicht seien einige seiner Kollegen von den Fanmassen überwältigt gewesen.
Nun ist ein einziges Spiel keine besonders ergiebige Stichprobe, doch am Samstag wird das Stadion gegen Bayern München wieder voll - und der Sieger wohl wieder nicht Hertha heißen. Dass im altehrwürdigen Rund (eins der wenigen verbliebenen Nicht-Vierecke der Bundesliga) nur selten große Stimmung aufkommt, liegt eben nicht an der blauen Bahn, sondern an den Akteuren auf dem grünen Rasen. Sie boten in den vergangenen Jahrzehnten zu wenige Erfolge und zu selten anschaulichen Fußball, dass die Fans die Hütte ständig füllen wollten. Das schaffen die Dortmunder hingegen seit Jahren sogar bei mehr als 80 000 Plätzen. Und ihre Fans kommen, um Reus, Hummels und Kagawa spielen zu sehen, nicht weil sie zehn Meter näher dran sind oder der Lärmpegel zehn Dezibel höher ist als anderswo.
Beim Wunsch nach einer neuen Arena geht es nicht um die Stimmung, sondern darum, dass Hertha für die Nutzung des Olympiastadions Miete zahlen muss. Dabei ist das gar nicht schlecht, denn davon profitieren auch andere Sportarten im Olympiapark. Und manche von ihnen benötigen eine Tartanbahn. Danke dafür, Hertha!
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