»Dass nicht alles bleibt wie es ist, ist ziemlich klar«
SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles stellt sich auf der Re.publica Fragen der Netzgemeinde und verspricht Kompromissbereitschaft
Sigmar Gabriel hatte es im vergangenen Jahr vorgemacht und gezeigt, wie Bürgerdialog in Zeiten von Web 2.0 geht - mehr oder weniger. Unter #fragSigmar konnten damals Twitternutzer Fragen stellen, die vom Vizekanzler beantwortet wurden. Und so stellte sich am Dienstag auf der Re.publica auch Arbeitsministerin Andrea Nahles dem digitalen Bürgerdialog, allerdings ganz analog und lud unter dem Titel »Arbeiten 4.0« zur Fragerunde.
Gleich zu Beginn gestand sie, mehr »Schiss vor dem hier«, als vor allen anderen Dialogrunden zu haben, obwohl (oder gerade weil) sie sich kaum vorbereitet hatte, da sie sich seit Monaten mit diesem Thema beschäftige. So ganz überzeugen kann sie dennoch nicht und offenbarte die eine oder andere Wissenslücke. So zum Beispiel beim Thema Coworkingspaces. Ein Teilnehmer beschwerte sich über die Arbeitsstättenverordnung und die damit einhergehenden Einschränkungen, die vorschreiben, wie groß ein Arbeitsplatz zu sein habe. Nicht ganz nachvollziehbar, fand er, würden Nutzer von Coworking-Spaces sich schließlich freiwillig dort einmieten, anders als bei Angestellten. Nahles entschuldigte sich mit Blick auf die miesen Arbeitsbedingungen von Call-Centern mit den Worten: »Als Arbeitsministerin muss ich Lösungen finden, die für alle gelten.« Versprach aber gleichzeitig sich die Details noch mal näher anzuschauen und einen Kompromiss finden zu wollen.
In Frage stellte die Ministerin hingegen die 40-Stunden Woche und mahnte an, es müsse ein Umdenken in der Arbeitskultur in Deutschland geben. Arbeitenden müsste mehr Freiheit in Bezug auf ihre Arbeitszeit gewährt werden, weg von einseitiger Flexibilität, hin zu mehr Selbstbestimmung. »Das ist keine Einbahnstraße«, so Nahles.
Welchen Wandel die Arbeitswelt durch die »vierte industrielle Revolution« (Industrie 4.0) in den kommenden Jahren durchleben werde, wagte die Ministern nur vage zu prognostizieren: »Dass nicht alles bleibt wie es ist, ist ziemlich klar«. Katastrophenstimmung wolle sie aber nicht verbreiten. Viel eher wolle sie keine neuen Gesetze, sondern neue Kompromisse, so sie denn nötig seien. Gleichzeitig sollten sich aber auch Monopolgesellschaften, wie etwa Facebook, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sein.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.