Autobauer nutzen »systematisch« Schlupflöcher in Tests
Forschungsinstitut ICCT: Abweichung zwischen offiziellen und tatsächlichen CO2-Werten bei 40 Prozent / Hersteller nutzen unpräzise Vorschriften
Berlin. Europas Autohersteller nutzen laut dem Forschungsinstitut ICCT Schlupflöcher in Labortests »systematisch« aus, um ihre Angaben zu CO2-Ausstoß und Kraftstoffverbrauch möglichst gut aussehen zu lassen. Die Abweichung zwischen den Laborwerten und den tatsächlichen Werten betrage im Schnitt mittlerweile 40 Prozent, teilte das ICCT am Dienstag mit. Bis zu ein Drittel dieser Abweichung sei darauf zurückzuführen, dass die Hersteller technische Abweichungen und unpräzise Vorschriften für die Labortests ausnutzen.
Der International Council on Clean Transportation (ICCT) hatte den Abgas-Skandal bei Volkswagen ausgelöst, indem er die US-Umweltbehörde EPA informierte. Im September hatte der Autobauer zugeben müssen, dass weltweit bei rund elf Millionen Dieselfahrzeugen mehrerer Marken eine Manipulations-Software eingesetzt wurde, die den Stickoxid-Ausstoß im Testbetrieb zu niedrig auswies.
Das Institut nahm für den am Dienstag veröffentlichten Bericht einen Teil der Labortests unter die Lupe, der den Angaben zufolge Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß »erheblich« beeinflusst: den Ausrollversuch, bei dem der Fahrwiderstand eines Fahrzeugs auf einer Teststrecke gemessen wird. Das Auto wird zunächst beschleunigt und rollt dann aus. Meist werde dieser Test nur einmal gemacht.
Der ICCT verglich für 19 Pkw die nach deutschen und französischen Testvorgaben gemessenen Laborwerte mit realen Werten, die vier unabhängige Labors maßen. Die Unterschiede bei Verbrauch und CO2-Ausstoß betrugen je nach Modell 0,7 bis 14,5 Prozent; im Schnitt waren es 7,2 Prozent.
In den USA, wo schärfere Tests vorgeschrieben sind, betrug dieser Unterschied laut ICCT nur 1,8 Prozent. Das Institut forderte daher erneut, die in der EU vorgeschriebenen Labortests für Kraftstoffverbrauch und Abgasausstoß zu verschärfen. AFP/nd
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