Wolfgang Niersbach droht das Aus
FIFA-Ethiker verlangen eine zweijährige Sperre für den ehemaligen DFB-Boss
Wer will, kann es sogar positiv sehen: Die FIFA selbst schickt sich an, das zu beenden, was der DFB nicht hinbekam: die internationale Karriere des schwer belasteten ehemaligen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach. Die Ermittler der FIFA-Ethikkommission empfehlen in ihrem Untersuchungsbericht, Niersbach aufgrund der WM-Affäre 2006 für zwei Jahre zu sperren. Noch sitzt Wolfgang Niersbach im FIFA-Rat (Council) und im Exekutivkomitee der UEFA, denn in beide Ämter ist er persönlich gewählt worden.
Die Rechtsprechende Kammer der Ethikkommission eröffnete am Freitag ein entsprechendes Verfahren, zu dem Niersbach nun Stellung beziehen kann. Der 65-Jährige, der vor seiner Laufbahn als Sportjournalist gearbeitet hat, hält die Empfehlung der Ethiker für falsch. Für ihn sei es nun »auch eine Frage der Ehre und zur Wahrung meiner persönlichen Rechte erforderlich, diesem Antrag mit allen möglichen Rechtsmitteln entgegenzutreten.« Wolfgang Niersbach kann zum Schlussbericht der Untersuchungskammer eine Stellungnahme samt Beweismitteln einreichen und eine Verhandlung beantragen.
Das Verfahren gegen Niersbach wird Alan Sullivan leiten. Der Australier wird auch über eine mögliche Geldstrafe entscheiden: Die Untersuchungskammer der Ethikkommission unter dem Schweizer FIFA-Chefermittler Cornel Borbély hat eine Strafe von 30 000 Schweizer Franken (27 000 Euro) vorgeschlagen - wegen Verstößen gegen vier Artikel des Ethikreglements.
Die Kammer untersuchte die Vorgänge um die 6,7-Millionen-Euro-Zahlung des DFB 2005, die eine Rückzahlung an den ehemaligen Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus gewesen sein soll, der mit dieser Summe dem WM-OK-Chef Franz Beckenbauer ausgeholfen haben soll. Wofür das Geld ursprünglich verwendet wurde, ist weiterhin ungeklärt, der Verdacht des Stimmenkaufs für die Abstimmung über die Vergabe der WM 2006, bei der Deutschlang gewann, liegt nahe. Im WM-Organisationskomitee fungierte Niersbach als Vizepräsident. Er sagt, er habe erst im Sommer 2015 als DFB-Präsident Kenntnis von der Zahlung bekommen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Steuerhinterziehung gegen ihn.
Die FIFA untersucht das Wirken von insgesamt sechs deutschen Fußballfunktionären - auch Franz Beckenbauer. Niersbach indes ist der einzige, der noch Ämter im organisierten Sport bekleidet. Den angedrohten Fußball-Bann nennt er »eine Sperre, die faktisch einem weltweiten Berufsverbot im Fußball gleichkommt«, die Geldstrafe stünde »in keinem Verhältnis zu dem mir gemachten Vorwurf« schrieb er in einer Stellungnahme.
Beim DFB, der den Skandal nach Veröffentlichung des Freshfields-Berichtes gern als erledigt betrachten würde, sorgt der Fall für Unbehagen: Präsident Reinhard Grindel erklärte, alle Verfahrensbeteiligten bei der FIFA sollten dafür sorgen, »dass diese Entscheidung zügig getroffen wird«.
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