Wirtschaftsweise wettert gegen Mindestlohn-Erhöhung
Anstieg führe zu mehr Arbeitslosigkeit und behindere Berufseinstieg von Flüchtlingen / Widerspruch von Gewerkschaften und LINKE
Düsseldorf. Der Chef der Wirtschaftsweisen, Christoph Schmidt, warnt vor einer Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns ab 2017. »Es muss verhindert werden, dass eine Erhöhung des Mindestlohns zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit führt«, sagte Schmidt der in Düsseldorf erscheinenden »Rheinischen Post«. Davon wären vor allem Geringqualifizierte mit entsprechend niedriger Produktivität betroffen, sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.
Zudem stelle schon der Mindestlohn von derzeit 8,50 Euro »eine sehr hohe Hürde dar, wenn es darum geht, eine große Anzahl von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt zu integrieren«, sagte Schmidt. Eine Erhöhung zum jetzigen Zeitpunkt wäre unvernünftig und mit großen Risiken verbunden.
Auch Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), mahnte bei der Festlegung des Mindestlohns Vorsicht an. Eine Erhöhung werde den Zugang von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt erschweren, sagte Fratzscher der Zeitung. Wichtiger als ein höherer Mindestlohn sei die Qualifizierung von Flüchtlingen und die Stärkung von Tarifverhandlungen.
Die unabhängige Mindestlohnkommission wird den Angaben zufolge am 28. Juni ihre Entscheidung über die Mindestlohnhöhe ab 1. Januar kommenden Jahres verkünden. Das neunköpfige Gremium war am Montag zu einer regulären Sitzung zusammengekommen. Die Bundesregierung kann den Vorschlag der Kommission übernehmen oder ablehnen, ändern kann sie ihn nicht.
Zur notwendigen Höhe des Mindestlohns gibt es indes unterschiedliche Perspektiven. Die Gewerkschaften Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und IG BAU fordern eine deutliche Anhebung der Untergrenze zum Jahreswechsel. »Der gesetzliche Mindestlohn sollte über neun in Richtung zehn Euro steigen«, sagte der stellvertretende NGG-Vorsitzende Burkhard Siebert. Die Mindestlohnkommission dürfe bei ihrem Vorschlag zur Erhöhung des Mindestlohns ab 2017 »nicht mit einem Tunnelblick auf den Tarifindex des Statistischen Bundesamts und nur rein mathematisch« entscheiden.
Druck kommt auch von den Parteien. Der Landeschef der Linkspartei in Bayern, Xaver Merk, fordert eine »sofortige Erhöhung des Mindestlohns auf 10 Euro für alle und schnellstmöglich eine Anhebung auf 12 Euro«. Der SPD-Linke Klaus Barthel hatte ebenfalls eine Erhöhung auf deutlich über 9 Euro gefordert und der Mindestlohnkommission geraten, sich »nicht sklavisch« an Tarifdaten zu halten. nd/Agenturen
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