Linke in Österreich organisiert sich neu
Rund 1000 Teilnehmer wollen bei der »Aufbruch«-Konferenz in Wien einen Neustart / Wahlantritt des neuen Sammelprojekts bei der nächsten Nationalratswahl wird diskutiert
Eine bundesweite Aktion im Herbst, 15 stabile Ortsgruppen und 300 öffentliche Aktionen: Das neue linke Projekt »Aufbruch« in Österreich hat sich für die kommenden Monate ambitionierte Ziele gesetzt. Gleichzeitig scheinen diese Ziele durchaus realistisch, denn die erste Aktionskonferenz am vergangenen Wochenende in Wien war ein Erfolg für die Organisatoren.
Rund 1000 Personen versammelten sich in den weitläufigen Hallen einer ehemaligen Fabrik am Rande der Bundeshauptstadt. »Aufbruch« war damit der mit Abstand größte linke Organisierungs-Kongress der letzten Jahrzehnte in der Alpenrepublik. Politisch war auf der Konferenz ein breites Spektrum vertreten, das etwa feministische und migrantische Initiativen, die Kommunistische Partei und ATTAC, trotzkistische Organisationen und autonome Gruppen sowie führende Vertreter der sozialdemokratischen und grünen Jugendorganisationen umfasste.
Ein Mehrheit der Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet war zwischen 20 und Mitte 30, doch auch viele Ältere waren gekommen. Oft handelte es sich dabei um ehemals politisch Organisierte, die sich in den vergangenen Jahren zurückgezogen hatten. Eine davon war Christine Heindl, ehemalige Nationalratsabgeordnete der Grünen. Sie sagte, dass sie eine neue politische Kraft wolle, die sowohl radikal wie für die breite Bevölkerung verständlich ist. »Wir müssen die soziale Frage endlich antikapitalistisch beantworten«, so Heindl.
Vorausgegangen waren dem Kongress sogenannte Ratschläge, wo in kleinerem Rahmen über ein Jahr lang diskutiert, geplant und Vertrauen aufgebaut wurde. Eingeladen hatte dazu der Blog »Mosaik«, ein Projekt, das im Januar 2015 an den Start ging und aus verschiedenen Spektren der österreichischen Linken getragen wird. In den Wochen vor dem Kongress wurden dann in verschiedenen Städten öffentliche Vorbereitungstreffen organisiert, darunter in Graz, Innsbruck, Linz, Salzburg und in mehreren Wiener Bezirken.
Am ersten Tag des Kongresses wurde die Initiative vorgestellt. Breiten Raum nahm dabei die aktuelle politische Lage ein. Themen waren etwa die vergangene Bundespräsidentschaftswahl, wo der Kandidat der rechtsextremen FPÖ nur knapp unterlag, der Rechtsruck der Sozialdemokratie in der Flüchtlingsfrage und die schnell steigende Arbeitslosigkeit.
Den Input zur aktuellen politischen Lage hielt Lisa Mittendrein, eine Mitarbeiterin den globalisierungskritischen Netzwerks Attac. Sie positionierte das neue Projekt als Gegengewicht sowohl zur FPÖ wie zur Regierungskoalition aus Sozialdemokraten und Konservativen. Gleichzeitig ging sie aber auch deutlich über tagespolitische Fragen hinaus und erklärte unter dem Applaus der Anwesenden: »Die kapitalistische Produktionsweise zerstört unsere Lebensgrundlage!«
Am zweiten Tag der Konferenz wurde in rund 100 Arbeitsgruppen über konkrete Aktionen diskutiert. Die erste Kampagne wird den Titel »Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten« tragen. Schwerpunkte sollen Wohnen, Arbeit und Gesundheit sein. Immer wieder fällt dabei der Begriff der »nützlichen Linken«, die sich in Betrieben und Stadtvierteln verankern soll. Ziel ist, im Leben der Menschen konkret einen Unterschied zu machen.
Nach der Konferenz wird nun zu weiteren Treffen in Graz, Salzburg sowie mehreren Wiener Bezirken eingeladen, insgesamt 25 Veranstaltungen im gesamten Bundesgebiet sind in den nächsten Wochen geplant. In Kärnten und der Steiermark sollen eigene Aktionskonferenzen stattfinden. Auch ein Wahlantritt des neuen Sammelprojekts bei der nächsten Nationalratswahl war in vielen Redebeiträgen Thema. Zu dieser Frage wurde eine Arbeitsgruppe gibt, die in den kommenden Monaten Ergebnisse präsentieren soll.
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