Mit Weidemilch aus dem Preistief
Niedersachsen initiiert Label für Produkte im Freien lebender Kühe
Blauer Himmel, saftig grüne Wiese, grasende Kühe darauf: Jede Molkerei darf ihre Milchverpackung mit solcher Idylle schmücken, auch wenn die vierbeinigen Lieferanten des Tranks lebenslang im Stall angebunden sind und nur Silage - durch Gärung konserviertes Futter - mampfen dürfen. Im Kunden kann das nette Wiesenbild jedoch durchaus den Glauben wecken: Ich kaufe Milch von draußen lebenden Wiederkäuern! So etwas ist Verbrauchertäuschung, meint Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer (Grüne). Er hat den Anstoß gegeben für ein »Weidemilch-Label«, das bundesweit signalisiert: Hier ist wirklich drin, was drauf steht.
Mit im Boot hat der Ressortchef bei der Label-Aktion 20 Partner: mehrere Umweltverbände, Molkereien und Handelsbetriebe sowie Vertreter der Landwirtschaft. Sie hatten bereits 2014 eine »Charta Weideland« verabschiedet, um die Wirtschaftlichkeit der Erzeugung von Weidemilch zu steigern, unter anderem durch Schutz des Grünlandes. Dieses Bündnis hat sich nun mit dem Ministerium auf Kriterien zur Vergabe des Weidemilch-Labels geeinigt. Bevor sie es verwenden dürfen, müssen Milcherzeuger unter anderem nachweisen, dass sie ihre Kühe auf Grünland halten, und zwar an mindestens 120 Tagen im Jahr, täglich nicht unter sechs Stunden. Zusatzfutter muss spätestens ab 2017 frei von gentechnisch veränderten Organismen sein, lautet eine weitere Bedingung.
Wie das Weidemilch-Label aussehen wird, ist noch offen. Es gibt diesen und jenen Entwurf, zur Vorstellung des Projekts hatte Christian Meyer noch keinen mitgebracht. Er hofft, dass Milcherzeuger auch in anderen Bundesländern an der einheitlichen Kennzeichnung »echter« Weidemilch Interesse zeigen, zumal sie die finanzielle Lage der Kuhhalter verbessern würde.
»Für Weidemilch, die nachhaltig und tiergerecht produziert wird, müssen Bauern höhere Erlöse erzielen können«, betont der Minister. »Das wäre eine wichtige Stütze angesichts der derzeit ruinösen Erzeugerpreise.« Ziel sei es, den Bauern, die an der Label-Aktion teilnehmen, einen um mindestens fünf Cent höheren Erzeugerpreis zu ermöglichen.
Viele Verbraucher sind durchaus bereit, mit dem Label »zertifizierte« Weidemilch zu kaufen Das hat eine Umfrage der Universität Göttingen ergeben und auch, dass es vor allem zwei Zielgruppen für jene Milch gibt: die Kunden, die durch ihre Entscheidung etwas für den Tier- und Umweltschutz tun möchten und jene Käufer, die nach dem Motto »sich selbst etwas Gutes gönnen« einen besseren Geschmack und höheren Gesundheitswert von der Milch mit Weidegarantie erwarten. Der höhere Preis dafür schreckt offensichtlich nicht ab. Nur neun Prozent der Befragten äußerten, Weidemilch sei ihnen zu teuer.
Das Label-Projekt, so hoffen seine Initiatoren, könnte mehr Bauern als bisher dazu bewegen, ihre Kühe wieder zunehmend auf der Weide grasen zu lassen. Aber noch immer gilt diese Haltung bei nicht wenigen Milcherzeugern als »unmodernes System«. Und das, obwohl es neben dem Tierschutz einen weiteren positiven Effekt hat, gab der Leiter des Uni-Projekts, Achim Spiller zu bedenken: Die in freier Natur zu betrachtenden Tiere verbessern das Image der Landwirtschaft, verschönern das Landschaftsbild, wirken sich demzufolge positiv auf den Tourismus aus. »Kühe draußen auf der Weide«, so der Wissenschaftler, »das sehen die Menschen gern«.
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