Kein Frontalangriff auf die Gymnasien
Die LINKE wirbt für mehr Gemeinschaftsschulen, die ab Schuljahr 2017/2018 auf freiwilliger Basis entstehen sollen
So sollten gute Schulen im Idealfall aussehen: Alle Kinder aus der Gegend lernen von Klasse 1 bis 10 gemeinsam. Jene, die das Zeug dazu haben, dürfen weitere drei Jahre bleiben und das Abitur ablegen. Es gibt Schulsozialarbeiter, mehr Lehrer und Geld für Investitionen. Kinder und Jugendliche lernen ohne Stress, haben Freude am Unterricht. Die Lehrer sind glücklich und zufrieden mit ihrem Beruf und werden deshalb seltener krank. Bis in den Nachmittag hinein wechseln sich Unterricht, Freizeit und Arbeitsgemeinschaften ab.
Für die LINKE ist die Gemeinschaftsschule eine idealtypische Bildungsstätte. Die SPD aber, und vor allem Bildungsminister Günther Baaske und Ministerpräsident Dietmar Woidke wollen keinen Ärger und möchten deshalb bloß nicht in den Verdacht geraten, dass die rot-rote Koalition die Gymnasien antastet.
Es sei klar, dass die Gymnasien immer eine Konkurrenz für die Gemeinschaftsschulen sein werden, gibt die Landtagsabgeordnete Kathrin Dannenberg (LINKE) zu. 62 Prozent der Eltern wählen in Brandenburg nach der Grundschule für ihre Kinder ein Gymnasium aus, weiß die Abgeordnete. »Aber wir tasten das Gymnasium nicht an«, versichert sie.
Die Einführung von Gemeinschaftsschulen soll auf freiwilliger Basis ab dem Schuljahr 2017/2018 so richtig losgehen. Eigentlich gibt es bereits jetzt welche, insgesamt 35. Sie nennen sich aber nicht Gemeinschaftsschulen, sondern Schulzentren - ein Begriff, der Dannenberg gar nicht gefällt. Aber sie möchte das Wort und damit die Sache, um die es ihr geht, dennoch im Schulgesetz haben. Die Möglichkeit, dass sich Grundschulen und weiterführende Schulen zusammentun, hat die LINKE in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt. Tatsächlich gibt es neben den schon bestehenden 35 Schulzentren noch Grund- und Oberschulen, die ein Schulzentrum werden möchten.
Um für die Idee der Gemeinschaftsschule zu werben, veranstaltet die Linksfraktion gegenwärtig eine spezielle Schultour. Im Rahmen dieser Tour besuchte die Abgeordnete Dannenberg bereits zwölf Schulen unter anderem in Calau, Vetschau, Oranienburg, Glöwen, Wriezen und Neutrebbin. Oft war Fraktionskollegin Gerrit Große dabei. Die beiden Politikerinnen redeten mit den Lehrern und diskutierten dann abends mit Eltern und Kommunalpolitikern. Insgesamt rund 150 Gäste kamen zu diesen Gesprächsrunden. »Wir sind überwiegend auf offene Ohren und Zustimmung gestoßen«, berichtete Dannenberg am Mittwoch bei einer Zwischenbilanz der Schultour.
Zur Gemeinschaftsschule gehört für Dannenberg auch die Abkehr vom klassischen Frontalunterricht. »Wer meint, dass Kinder allein durch die Lehre lernen, der ist auf dem Holzweg.« Die bereits bestehenden Schulzentren sind nach Dannenbergs Einschätzung bis jetzt unterschiedlich weit gekommen. Einige stünden noch am Anfang ihrer Entwicklung, bei anderen klappe alles schon hervorragend. Begeistert erwähnte die Abgeordnete das Schulzentrum in Müllrose. Es habe sich das Konzept einer evangelischen Gemeinschaftsschule in Berlin abgeschaut, sei reformpädagogisch und innovativ. Dannenberg lobte auch die Montessori-Schule in Potsdam, die sehr praxisorientiert sei und über einen Acker verfüge, der von Schülern bestellt werde.
Die positiven Seiten hebt Dannenberg als moderne Pädagogin geschickt auch dann hervor, wenn sie auf die bildungspolitische Bockbeinigkeit der SPD angesprochen wird. Sie sagt: »Wir sind uns mit dem Koalitionspartner einig, dass wir langes gemeinsames Lernen wollen.« Die Schultour geht weiter. 746 staatliche Schulen gibt es in Brandenburg, und die LINKE muss noch sehr viel Überzeugungsarbeit leisten.
gemeinschaftsschule-brandenburg.de
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