150 Zivilisten sterben in Jemen
Friedensgespräche sollen bis Mitte Juli ausgesetzt werden
Die Delegationen der beiden großen Konfliktparteien in Jemen berieten in Kuwait gerade über einen Zeitplan des UNO-Sondergesandten Ismail Ould Scheich Ahmed, als am Dienstag eine Nachricht alles zum Stillstand brachte: Nach Monaten der Zurückhaltung hatte die saudische Luftwaffe, die im Jemen-Krieg offiziell Teil einer internationalen Militärallianz ist, ihre Angriffe auf Ziele in von den Huthi-Milizen kontrollierten Gebieten in Nordjemen wieder aufgenommen.
Bis Mittwochmittag starben dabei mindestens 100 Menschen. Bei den meisten Opfern handelt es sich nach Angaben des Roten Halbmondes um Zivilisten. Denn Angriffsziel waren nicht etwa militärische Einrichtungen der Huthi-Milizen, die auch als Ansarallah bekannt sind, sich zur schiitischen Konfession bekennen und nach US-amerikanischen und saudischen Angaben von Iran unterstützt werden, was dort aber bestritten wird.
Bombardiert wurden vor allem Märkte und Wohnviertel, nachdem sich das saudische Militär ebenso wie Regierungstruppen und Huthi-Milizen seit Beginn der Friedensgespräche weitestgehend zurückgehalten hatte. Die beiden Konfliktparteien wollen die Gespräche nun bis mindestens Mitte Juli aussetzen. »Wir haben zuletzt einige kleine Fortschritte gemacht«, sagt Scheich Ahmed. »Ich hoffe, dass wir sie über die Situation retten können.«
Warum die Luftangriffe wieder aufgenommen wurden, ist unklar. Das saudische Verteidigungsministerium teilte knapp mit, man kämpfe »gegen den Terror«. Doch der spielt sich an anderen Orten in Jemen ab - und mit anderen Protagonisten. In der Provinz Hadramaut im Süden des Landes verübte der örtliche Ableger des Islamischen Staates zu Wochenbeginn mindestens sieben Anschläge gegen Einrichtungen der Regierung. Etwa 50 Menschen starben nach Angaben des Roten Halbmondes.
Das jemenitische Militär hatte das Gebiet um die Stadt Mukalla erst im Frühjahr von Al-Qaida-Brigaden erobert, die sich hier über Jahre hinweg eine Basis aufgebaut und in der Stadt ein Regime nach strengen islamischen Regeln errichtet hatten. Doch wie es schon in Aden, Hafenstadt und derzeit Sitz des Regierung von Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi, der Fall war, übernahmen auch hier statt der Regierung andere die Macht. Große Teile von Aden werden von Milizen kontrolliert. In Mukalla und im Umland wirken Brigaden des Islamischen Staats weitgehend ungehindert.
Der neueste Versuch des Militärs, dagegen vorzugehen, endete mit den Anschlägen in den vergangenen Tagen. Anders als Al Qaida, dessen Angehörige sich vor allem aus lokalen Stämmen rekrutieren, hat der Islamische Staat dabei allerdings wenig Rückhalt in der Bevölkerung. »Auf Grund der vorliegenden Informationen kann man davon ausgehen, dass die meisten der IS-Kämpfer aus anderen arabischen Ländern stammen, und von der lokalen Bevölkerung als Fremde gesehen werden«, heißt es in einem Bericht des US-Außenministeriums. Jemenitische Medienberichte, in denen der IS regelmäßig als »durch das Ausland gelenkt« bezeichnet wird, unterstützen diese Theorie.
Den Kampf gegen den IS und Al Qaida hat mittlerweile eine Spezialeinheit der Vereinigten Arabischen Emirate übernommen. Nach Angaben des dortigen Verteidigungsministeriums sind mindestens 1500 Mann Bodentruppen in Jemen im Einsatz, die zuvor unter anderem an der Eroberung Adens beteiligt waren. Auffällig dabei ist, dass nahezu alle Führungspositionen mit ausländischen Ex-Militärs besetzt sind. So wird die in Jemen eingesetzte Einheit von dem Australier Mike Hindmarsh geführt und auch andere Offiziersposten sind mit Australiern besetzt.
Im November des vergangenen Jahres berichtete der lateinamerikanische multistaatliche TV-Satellitensender TeleSUR mit Sitz in Venezuela zudem, in Jemen seien 800 kolumbianische Söldner im Einsatz. Nach Angaben des Roten Halbmondes wurden in Jemen vier Kolumbianer getötet.
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