In Irak wird an vielen Fronten gestorben

Vertreibung des IS bringt bei den Siegern neuen Zwist

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.

In der irakischen Hauptstadt wurden am Wochenende wieder einmal Autobomben gezündet. Man rechnet mit 80 Toten und über 130 Verletzten. Die Taten soll der Islamische Staat (IS) begangenen haben.

Vor einer Woche noch hatte US-Verteidigungsminister Ashton Carter der irakischen Regierung zur Rückeroberung Falludschas gratuliert. Sie sei ein Meilenstein im Kampf gegen den IS. Und sofort gab es Jubelmeldungen. Seit der Intervention der US-geführten Militärallianz im Herbst 2014 verliere der IS zunehmend an Boden.

Die Überhöhung von Erfolg ist gerade in einem asymmetrischen Krieg verheerend. Nach dem Sieg bei Falludscha, das nur 50 Kilometer von Bagdad entfernt ist, meldete die irakische Armee ohne Hinweis auf die US-Luftangriffe, sie habe vor allem durch den Einsatz von irakischen Kampfhubschraubern 260 Fahrzeuge zerstört und 150 Angehörige der Dschihadistenmiliz getötet. Erst Stunden später war jemand aufgefallen, dass die Zahlen offenbar unkoordiniert erfunden waren, denn über 100 Autos wären demnach ohne Fahrer geflüchtet. Schnell korrigierte man die Zahl der Gefallenen nach oben.

Die USA dagegen setzen auf gezielte Tötungen von Anführern. Bereits am 25. Juni sei Basim Muhammad Ahmad Sultan al-Badschari, der Vizekriegsminister der Islamistenmiliz, getötet worden. Al-Badschari habe eine Einheit geleitet, die für den Einsatz von Autobomben, Selbstmordattentätern und Senfgasangriffe bekannt ist. Der Angriff erfolgte in der Nähe von Mosul. Das ist die letzte große irakische Stadt, die noch in der Hand der Dschihadisten ist. Die politische Führung Iraks hatte bereits im Frühjahr versprochen, Mossul noch in diesem Jahr zurückzuerobern - und damit wohl den Mund zu voll genommen.

Bevor der IS im Sommer 2014 eindrang, war Mossul ein multikultureller Ort. Araber, Kurden, Jesiden, Turkmenen, Muslime und Christen lebten da weitgehend unabhängig von der Zentralregierung in Bagdad. Und so soll es wieder sein, wenn die Stadt befreit ist. Hieß es, als man in Bagdad Anfang 2016 Rückeroberungspläne entwarf. Doch irgendwie kommt die Offensive politisch nicht in Gang. Denn: Es ist nicht klar, wer die Stadt erobern soll.

Da Mossul sunnitisch geprägt ist, soll das Verhältnis zwischen sunnitischen und schiitischen Verbänden abgewogen sein. Beim Angriff auf das sunnitische Falludscha spielten Schiitenmilizen die Hauptrolle. Sie trugen nicht dazu bei, dass die Befreiten Vertrauen zu den Befreiern entwickelten.

Bei Mossul soll das nun anders sein. Doch inzwischen verläuft die Front in dieser Region nicht mehr nur zwischen dem IS und allen möglichen Befreiern. Seit Jahresbeginn gibt es zunehmend Scharmützel zwischen kurdischen Peschmerga und angeblichen Freiwilligenverbänden, die Bagdad in die Region geschickt hat. Sie sollen - wie der hingerichtete Diktator Saddam Hussein es einst versuchte - in Mosul den Einfluss der Zentralregierung sichern.

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