Freifunk-Wüste am Thüringer Wald
Kommunale WLAN-Angebote gibt es im Freistaat nur an sehr wenigen Orten - rasche Änderung ist nicht in Sicht
Thüringer und ihre Gäste können im Freistaat nur an sehr wenigen Orten kommunale WLAN-Angebote nutzen. »Die Thüringer Kommunen tun im Moment relativ wenig in dieser Sache«, sagte Andreas Bräu von Weimarnetz, dem Weimarer Freifunk-Verein, bei einer dpa-Umfrage. In Erfurt und Gera gibt es demnach zur Zeit die meisten Hotspots.
In vielen Fällen argumentieren Stadtverwaltungen mit fehlendem Geld und Personal. Für WLAN-Hotspots wird deshalb entweder auf kommerzielle Anbieter oder die Betreiber von Geschäften, Restaurants oder Cafés gesetzt. Ein Argument, das der Freifunkexperte Bräu nicht gelten lassen will: Als Ergänzung zu den kommerziellen Hotspots sei der Freifunk ideal, weil eben keine großen Investitionen nötig seien. »Seitdem die Router so günstig geworden sind, machen immer mehr Leute mit und erweitern das Netz. Und das ehrenamtlich.«
In Weimar wurden die »Energie Hotspots« in der Vergangenheit stark beworben. Sie sind derzeit aber nur an drei Standorten verfügbar - und können auch nur von Kunden der teilnehmenden Stadtwerke kostenlos genutzt werden. Besucher von außerhalb profitieren nicht davon. Dagegen biete Weimarnetz an 60 Standorten im Stadtgebiet für jeden die Möglichkeit zum kostenlosen Surfen im Internet, sagt Bräu.
Dennoch gehört Weimar zu den wenigen Städten, die die Möglichkeiten eines freien Netzes prinzipiell erkannt haben. So dürfen die Freifunker teilweise öffentliche Gebäude für die Einrichtung von Routern oder Sendestationen nutzen. »Die Zusammenarbeit ist aber leider oft sehr zäh, die interne Kommunikation zwischen Hausbesitzern und -nutzern schwierig«, erklärt Bräu.
In Erfurt betreibt die Stadt derzeit drei Hotspots in der Innenstadt. Zudem wurden kürzlich alle 76 Niederflur-Straßenbahnen mit WLAN-Routern und Antennen ausgestattet. Somit kämen die Fahrgäste auf allen sechs Erfurter Bahnlinien kostenlos ins Internet, sagt die Stadtsprecherin Heike Dobenecker. Eine Zusammenarbeit mit den örtlichen Freifunkern gibt es bisher nicht, aber zumindest berät der Stadtrat auf Initiative der LINKEN über eine mögliche Kooperation.
In der Thüringer Wissenschaftshochburg Jena gibt es laut einer Sprecherin der Stadtverwaltung keine städtischen WLAN-Angebote, keine konkreten Aufbaupläne und keine Zusammenarbeit mit der kleinen örtlichen Freifunk-Bewegung. Die Stadt Suhl wird dem Sprecher der Stadt zufolge angesichts von Finanz- und Personaldruck auf absehbare Zeit ebenfalls kein kommunales WLAN anbieten, auch eine Zusammenarbeit mit örtlichen Freifunkern sei nicht geplant. Einen Schritt weiter ist Nordhausen, hier können Besucher am zentralen Nikolaiplatz kostenloses WLAN nutzen. Zugangsinformationen gebe es etwa in der Stadtbibliothek, sagte ein Rathaussprecher.
Die engste Zusammenarbeit mit Freifunkern praktiziert derzeit Gera. An vier Standorten gebe es frei zugängliche Angebote, weitere seien geplant, sagt eine Stadtsprecherin. 2016 startete hier das vom Land geförderte dreijährige Pilotprojekt »Freifunk Community Gera«.
Aus Sicht von Freifunkern wie Andreas Bräu beschreitet die rot-rot-grüne Landesregierung hier aber den falschen Weg. »Anstatt wie vom Land gefordert ein einziges Projekt an einem einzigen Standort zu fördern, könnte viel mehr mit kleinen Summen erreicht werden, die über das Land verteilt werden.« Bereits der Umstand, dass das Projekt beim Wirtschaftsministerium angesiedelt sei, zeige eine »falsche Denkweise«, kritisiert Bräu. »In Niedersachsen macht das die Staatskanzlei. Das Wirtschaftsministerium ist da eigentlich der falsche Ansprechpartner - denn es geht ja genau nicht um wirtschaftliche Interessen«. dpa/nd
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