Hangeln von Projekt zu Projekt
Die freien Theatergruppen in Sachsen-Anhalt hoffen auf eine langfristige Förderung
Eigentlich sind die »Bretter, die die Welt bedeuten« eine wunderbare Sache. Theater mit Herzblut für ein begeistertes Publikum - es könnte so schön sein, wären da nicht die irdischen Zwänge. »Die freien Theater können immer nur kurzfristig planen, von Projekt zu Projekt, das macht die Sache schwer«, sagt der Geschäftsführer des Landeszentrums Spiel & Theater (LANZE/Magdeburg), Stephan Behrmann. Die Vision des Verbandes ist, dass es statt der Förderung von einzelnen Projekten eine Konzeptförderung wie in Berlin und Brandenburg auch in Sachsen-Anhalt gibt. Damit könnten die Bühnen über einen längeren Zeitraum planen.
»Ein weiteres Problem: Wenn auch im Theaterbereich der Mindestlohn eingeführt wird, dann müssen viele Theater schließen, weil sie es einfach nicht bezahlen können«, erklärt der Geschäftsführer die Situation. »Bei den Produktionen müssen die Theatergruppen ohnehin meist von der Hand in den Mund leben, ein sehr beschwerliches Lebensmodell und mit vielen Unsicherheiten verbunden.«
»Wir hangeln von Möglichkeit zu Möglichkeit«, sagt die Leiterin der Schillerbühne Halle, Heidrun von Strauch. »Jetzt wurde mir ›Der Karneval der Tiere‹ abgeschmettert.« Das Stück sollte mit dem Förderverein Instrumentalausbildung des Musikzweiges der örtlichen Schule Latina unter dem Motto »Kinder spielen für Kinder« aufgeführt werden.
»Trotzdem gehen wir jetzt auf unsere Schlösser-Tournee«, sagt von Strauch. Gespielt wird bis zum 24. Juli die Eigenproduktion »Der Kaufmann von Venedig« von William Shakespeare. Die Aufführungsorte sind unter anderem Schloss Dieskau, Schloss Beesenstedt und Rittergut Ermlitz. »Vom freien Theater kann keiner leben«, sagt Heidrun von Strauch. »Viele freie Theater halten sich ein paar Jahre und machen dann wieder zu, weil es einfach nicht funktioniert. Jüngstes Beispiel ist die Schließung des Theaters Mandroschke in Halle.«
»50 freie Theatergruppen und Einzelakteure gibt es landesweit. Besonders in Magdeburg und Halle ist eine starke Konzentration von freien Bühnen vorhanden«, sagt Stephan Behrmann. »Aber auch in der Fläche in Wittenberg und im Harz haben sich interessante Gruppen gebildet. Dazu kommt noch eine ausgeprägte Theaterpädagogik. Das ist eine große Besonderheit in Sachsen-Anhalt im Bundesvergleich.«
Sachsen-Anhalt unterstützt nach Angaben der Staatskanzlei von CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff in diesem Jahr 37 Projekte, etwa so viele wie im Vorjahr. Insgesamt fließen dabei 537 200 Euro, im Vorjahr waren es 573 220 Euro. »Auch wenn es weniger geworden ist, das ist ein wichtiger Impuls«, sagt der Chef des Landeszentrums Behrmann.
Auch in Zeitz gibt es mit dem »Neuen Theater Kürbiskern« eine freie Szene. »Die Stadt Zeitz hat nach der Wende so viel gelitten, da darf ihr jetzt nicht noch das letzte bisschen Kultur weggenommen werden«, sagt die Leiterin Henriette Rossner-Sauerbier. »Dass wir nicht in die roten Zahlen rutschen, ist unseren Weihnachtsaufführungen zu verdanken.«
Besser sieht es für das »Theater an der Angel« in Magdeburg aus. Es wurde 1991 gegründet und hat seit 2001 eine feste Spielstätte. »Wir geben rund 200 Vorstellungen pro Jahr, mit zwei bis drei neuen Produktionen«, sagt Ines Lacroix. Zusammen mit Matthias Engel leitet sie seit 1991 das Theater. »Die Auslastung liegt bei 97 Prozent, jährlich kommen etwa 20 000 Besucher.« Das neue Stück heißt »SOMMER ZEIT GEIST oder Die tickt nicht richtig« von Therese Thomaschke nach einer Idee von Karel Capek. Ein Spiel über dieses ewige Ticktack und Hickhack, wie es auf der Homepage der »Angel« heißt. Die Vorstellungen in den Monaten Juli und August sind bereits ausverkauft. dpa/nd
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