Die AfD tarnt sich mit den Farben der DDR

Ehekredit sollte wieder eingeführt werden, aber möglichst nur für Deutsche und bloß nicht für Flüchtlinge

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Vorschlag klang gar nicht so schlecht. Aber die AfD begründete ihn in typischer Manier. Der Landtag lehnte den Babykredit ab.

Die AfD bediente sich bei der SED-Sozialpolitik. Eine Art Ehekredit, wie es ihn so ähnlich in der DDR gegeben hatte, beantragte die AfD am Mittwoch im Landtag. Die Idee: 10 000 Euro zinsloses Darlehen vom Staat für jedes Baby. Beim zweiten Kind müssen die Eltern nur die Hälfte der Gesamtsumme zurückzahlen, beim dritten Kind überhaupt nichts.

Grundsätzlich hätte Christoph Schulze (Freie Wähler) zugestimmt. Aber ihn störten die rassistischen Töne. Natürlich ziele man auf die einheimische Bevölkerung. Das sei nicht als Einladung für Einwanderer gedacht, hatte Steffen Königer (AfD) klargestellt. Wenn es eine Willkommenskultur für Babys geben würde, dann hätte auch die AfD gegen diesen Begriff nichts einzuwenden, ätzte Königer. Darum lehnte auch Schulze den Antrag ab. Zustimmung gab es nur aus den Reihen der AfD.

»Wir machen Politik für alle Menschen in unserem Land, unabhängig von der Hautfarbe«, versicherte Elisabeth Alter (SPD). »Eine kurzsichtige und rechtspopulistische Politik ist mit uns nicht zu machen.«

Als »totalen Blödsinn« bezeichnete Kristy Augustin (CDU) das Argument der AfD, die demografischen Probleme seien nicht allein durch Zuwanderung zu lösen. Niemand habe das vor, betonte Augustin. Sie war nicht die einzige, die erkannte, dass die AfD mit dem »Abkindern«, also dem Rückzahlungserlass bei mehreren Kindern, auf seltsame Weise an die DDR-Familienpolitik anzuknüpfen versuchte. Damals herrschten aber ganz andere Bedingungen. Niemand musste um seinen Arbeitsplatz fürchten. Es bestand nicht die Gefahr, durch den Ehekredit, der in kleinen Raten abgestottert wurde, in die Schuldenfalle zu geraten.

Außerdem: Heute wisse man, sagte Sozialministerin Diana Golze (LINKE), dass solche Modelle gar nicht helfen, die Geburtenrate zu steigern. Nach der Einführung des Ehekredits Anfang der 1970er Jahre sei die Geburtenrate in der DDR nur kurzfristig nicht weiter gesunken.

Die ersten Auszahlungen fielen damals übrigens ungefähr mit dem Pillenknick zusammen. Die Anti-Baby-Pille hatte sich in der DDR etwas später durchgesetzt als in der Bundesrepublik.

Auf die Schippe genommen wurde die AfD von der Abgeordneten Andrea Johlige (LINKE). Sie beschwerte sich, dass der Vorschlag »rassistisch« und »völkisch« sei. Denn der türkische Familienvater, der seit Jahren hier lebe und Steuern zahle, würde nichts bekommen. Johlige frotzelte, sie hätte beim Lesen des AfD-Antrags gedacht, dass am Ende noch der Satz komme, Geld gebe es nur, wenn man sein Kind »Björn, Frauke oder Alexander nennt«.

Der AfD-Abgeordnete Königer belegte Johlige daraufhin mit dem Begriff »rhetorische Stalinorgel« und konterte mit Hinweis auf den DDR-Sportreporter Heinz Florian Oertel. Dieser hatte 1980 den Olympiasieg des Marathonläufers Waldemar Cierpinski mit den legendären Worten kommentiert, Väter sollten Mut haben und ihre Söhne Waldemar nennen. Königer behauptete nun: »Vielleicht haben wir Mut und nennen unsere Söhne Jérôme.« Also nach dem schwarzen Fußballspieler Jérôme Boateng, von dem AfD-Fraktionschef Alexander Gauland gesagt hatte, dass die Deutschen ihn angeblich nicht als Nachbarn haben wollen.

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