Kleinberg aus bunten Muscheln
Bildband erzählt Geschichte von Hamburg-Blankenese
Wenn der Name des wohl schönsten Hamburger Stadtteils fällt, springt wohl bei jedem Hamburger, aber auch bei vielen Zugereisten, das Kopfkino an. Prächtige Villen, imposante Gärten und dörfliche Gemütlichkeit, denken die einen, während den anderen Begriffe wie «Schnösel» oder «Geldadel» in den Kopf schießen. Letztere wurden in jüngster Vergangenheit durch den «rabiaten Protest» von Anwohnern am Björnsonweg gegen ein «Mini-Asylheim» («Hamburger Morgenpost») in ihren Vorurteilen leider bestätigt.
Aber davon soll an dieser Stelle nicht die Rede sein. Der selbst in Blankenese lebende Autor Eigel Wiese hat einen sehenswerten Bildband mit alten Fotos und Postkarten zusammengestellt und mit kurzen Erläuterungen versehen. Darin räumt Wiese so manche Irrtümer aus dem Weg. So würde Touristen auf Ausflugsbarkassen immer noch von unkundigen Führern erzählt, dass unterhalb des Süllbergs «früher» Kapitäne, Lotsen und andere Maritime lebten. Nein, klärt der Blankenese-Experte auf: «Die wohnen immer noch hier.»
Blankenese gehört zu den raren Orten, die auf alten Postkarten und neuen Bildern gleichermaßen dem Auge des Betrachters schmeicheln. Der atemberaubende Blick vom Süllberg auf die Elbe hat sich ebenso erhalten wie das Strandvergnügen im feinen Sand des Elbufers. Nur das Bad im blauen Lebenselixier war früher um einiges gesünder. Aber für die Luft- und Flussverschmutzung durch große Kreuzfahrtschiffe, Tanker und Industrieschadstoffe können die Blankeneser nichts.
Der Anmut des urkundlich 1059 erstmals erwähnten Stadtteils waren auch zahlreiche Dichter erlegen. Der lange in Övelgönne wohnhafte Lyriker Peter Rühmkorf spazierte gerne den Strandweg Richtung Blankenese entlang und der Schriftsteller Hans Leip dichtete: «Ein Kleingebirg aus bunten Muscheln, / darüber dick die Wolken kuscheln. / Darunter Flaggen hin und her, / des Stromes Überseeverkehr.
Eigel Wiese: Blankenese. Schmuggler, Strandräuber und Lotsen. Köhler Verlag, Hamburg 2015, 200 Seiten, 29,95 Euro
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.