Froome ist selbst schwächelnd zu schnell
Der Brite macht weiter Zeit auf seine Konkurrenten gut, während ein Russe seine erste Touretappe gewinnt
Die Sonne brannte. Sie vermochte aber nicht die weiße Kappe des Montblanc wegzuschmelzen, die hoch über dem Etappenziel von Finhaut-Emosson thronte. Kühl wiederum war das Wasser des Stausees an den Hängen des höchsten Alpenberges. Den Profis des Tourfeldes blieb diese Labsal aber verwehrt, obwohl die Busse ihrer Mannschaften ausgerechnet auf der Staumauer Aufstellung genommen hatten.
Visuell war die 17. Etappe der Tour de France wie aus dem Bilderbuch abgemalt. Weiße Gipfel begleiteten die 184 Kilometer lange Fahrt von Bern ins Wallis. Die Schweizer hatten sich in gelbe T-Shirts geworfen, Mähdrescher das Logo der Tour in die Felder gemäht. Die Reservisten der Armee standen in Uniformen und bewaffnet Spalier. Eifrige Fans malten Anfeuerungssprüche auf den Asphalt. Liebling der Fans war der einheimische Steve Morabito. Er wurde derart geehrt, dass man schon glauben mochte, er sei der Beste im Gesamtklassement. Er war es selbstverständlich nicht. Aber der Zuspruch der Fans mag seinen Anteil daran gehabt haben, dass er sich in der Ausreißergruppe des Tages befand.
Die war erneut großartig besetzt. Peter Sagan, Träger des grünen Trikots, ging darin auf Punktejagd für sein Leibchen, Tinkoff-Teamkollege Rafal Majka machte dasselbe für sein Bergtrikot. Der Kolumbianer Jarlinson Pantano, vor dem Ruhetag schon Etappensieger, erhoffte sich hingegen einen weiteren Coup im Ziel.
Das Team Sky des Gesamtführenden Chris Froome ließ die Ausreißer gewähren, bald waren zwölf Minuten Vorsprung herausgefahren, bis am Col de la Forclaz, dem vorletzten Berg der Etappe kurz die Mannschaft Movistar im Feld kräftiger in die Pedale trat. Das Ergebnis war mager. Nairo Quintanas Landsmann und Berghelfer Winner Anaconda hatte dabei alle seine Kräfte verbraucht und fiel schnell zurück. Sky übernahm wieder. Immerhin war der gewöhnlich vier oder gar fünf Mann starke Bergzug auf nur drei Tempomacher geschrumpft. Sky war noch stark, schien aber nicht mehr übermächtig. Und nur zu gern überließen die Briten später dem Team Astana die Tempoarbeit.
Froome versteckte sich für einen Moment. Der Gesamtzweite Bauke Mollema lauerte, und Quintana schickte doch noch ein paar Helfer nach vorn. Angeführt von Astana und Movistar jagte die Favoritengruppe nun also den finalen Anstieg nach Finhaut-Emosson hoch. Während Astana weiter marschierte, verlor Quintana aber bis auf Alejandro Valverde seine Helfer. Mollema war gar komplett isoliert.
So wurde die Etappe letztlich zum Match Astana gegen Sky, in das sich andere nur kurz einmischten. Valverde attackierte einmal, kurz darauf der Ire Daniel Martin. Immer wieder aber fuhr das Team Sky die kleinen Lücken wieder zu. Quintana lauerte nur am Hinterrad Froomes. und ließ Gelegenheiten verstreichen, als der Brite ein wenig zu schwächeln schien.
Zwei Kilometer vor dem Ziel attackierte dann der Australier Richie Porte vom BMC-Team. Ihm versuchte Astanas Kapitän Fabio Aru zu folgen - vergeblich. Als plötzlich der Gesamtzweite Mollema den Anschluss verlor, waren alle scheinbaren Probleme Froomes plötzlich dahin. Er schloss zu Porte auf und auch Quintana war geschlagen. Selbst an einem Tag also, an dem die Fahrweise Froomes erstmals kleine Schwächen erkennen ließ, fuhr er seiner direkten Konkurrenz immer noch davon. So ist niemand zu erkennen, der ihm den Toursieg bis zum Sonntag noch entreißen könnte. Aus der Ausreißergruppe erwies sich der einzige Russe im Feld als der Stärkste. Der Katjusha-Fahrer Ilnur Sakarin gewann ausgerechnet am Vortag der wegweisenden Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs CAS über die Olympiateilnahme russischer Leichtathleten im nahen Lausanne. Sakarin trainiert übrigens auch noch für das bergige Straßenrennen rund um Rio de Janeiro.
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