Trauer um Terroropfer in Kabul
80 Tote und 231 Verletzte bei Selbstmordattentaten / Explosion inmitten einer Demonstration
Kabul. Der verheerende IS-Doppelanschlag mit mindestens 80 Toten in der afghanischen Hauptstadt Kabul hat international Entsetzen ausgelöst. Das Innenministerium in Afghanistan erließ ein landesweites, zehntägiges Demonstrationsverbot aus Sicherheitsgründen. Für Sonntag wurde Staatstrauer im ganzen Land ausgerufen. Afghanistans Regierungschef Ashraf Ghani kündigte Rache für das »Blut unserer geliebten Angehörigen« an. Er ließ alle Flaggen auf Regierungsgebäuden auf halbmast setzen.
Die sunnitische Terrormiliz Islamischer Staat bekannte sich über das IS-Sprachrohr Amak zu dem Doppelanschlag am Samstag, bei dem auch 231 Menschen verletzt wurden. Zwei Selbstmordattentäter hatten sich inmitten einer Demonstration in die Luft gesprengt.
Nach Angaben der Organisatoren der Demonstration hatten sich mehr als 10 000 Menschen auf einem zentralen Platz versammelt, um gegen die Verlegung einer Hochspannungsleitung zu protestieren. Viele der Demonstranten gehörten der schiitischen Minderheit der Hasara an. Der Protest richtete sich unter anderem gegen die wirtschaftliche Benachteiligung der Hasara durch die Verlegung der Stromtrasse.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte den Terroranschlag als »verabscheuungswürdiges Verbrechen«, das sich gegen Bürger gerichtet habe, die für ihre Grundrechte eingetreten seien. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden, hieß es in einer UN-Stellungnahme.
Die USA sprachen von einer »feigen Attacke«. Dass sie sich gegen friedliche Demonstranten gerichtet habe, mache sie noch verabscheuungswürdiger, erklärte das Weiße Haus. Die USA stünden im Kampf gegen »Kräfte, die Afghanistans Sicherheit, Stabilität und Wohlstand bedrohen«, fest an der Seite des afghanischen Volkes und der Regierung.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sprach von einem »furchtbaren Terroranschlag«. Es sei augenscheinlich das Ziel der Attentäter gewesen, möglichst viele Menschen in den Tod zu reißen und zu verletzen. Besonders jetzt sei es wichtig, dass das Land geeint dem Terror die Stirn biete.
Papst Franziskus bezog die Opfer von Kabul in sein Angelusgebet vor dem Petersplatz am Sonntag ein. Er rief die Katholiken dazu auf, geeint gegen die »erbärmlichen Akte von Terrorismus und Gewalt« zu stehen.
Die Demonstration in Kabul hatte sich gegen die Verlegung der Route eines wichtigen Stromprojekts gerichtet. Ursprünglich hatte die Trasse über die Provinz Bamian verlaufen sollen. Nach einem späteren Gutachten wurde sie verlegt. Viele Demonstranten waren Mitglieder der Hasara, die größte ethnische Minderheit des Landes. Sie protestierten gegen wirtschaftliche Benachteiligung und Diskriminierung ihrer schiitischen Ethnie. dpa/nd
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