Brüssel stellt Warschau Ultimatum im Streit um Justizreform
EU-Kommission verlangt binnen drei Monaten Gesetzesänderungen im Rechtsstaatskonflikt der PiS-Regierung
Berlin. Die EU-Kommission verlangt von Polen binnen drei Monaten Änderungen an der umstrittenen Justizreform. Die Behörde treibt damit das zum ersten Mal angewandte Verfahren zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit weiter voran. »Die grundlegenden Bedenken sind weiterhin nicht ausgeräumt«, sagte der Vizechef der Brüsseler Behörde, Frans Timmermans, am Mittwoch in Brüssel. Die EU-Kommission bemängelt insbesondere Hürden für das Verfassungsgericht.
Wenn die Regierung in Warschau nicht einlenkt, könnte die EU-Kommission die Anwendung von Artikel 7 der EU-Verträge vorschlagen. Er sieht vor, dass bei einer »schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung« der im EU-Vertrag verankerten Werte einem Mitgliedsland in letzter Konsequenz auch die Stimmrechte entzogen werden können.
Polen hält die von der EU-Kommission geforderten Änderungen seiner umstrittenen Justizreform für verfrüht. In einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme des polnischen Außenministeriums hieß es, bei der Warschauer Regierung führten die Forderungen zur Frage, ob sich die Kommission an die »Grundlage der loyalen Zusammenarbeit mit Regierungen der Mitgliedsländer« halte. »Die polnische Regierung ist entschlossen, zum stabilen Funktionieren des Verfassungsgerichts zurückzukehren«, hieß es darin. Ein entsprechendes Gesetz sei derzeit in der Schlussphase.
Das polnische Parlament hatte Anfang Juli ein neues Gesetz zum Verfassungsgericht des Landes verabschiedet, mit dem der Streit mit der EU über die Justizreform entschärft werden sollte. In seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause hatte das polnische Parlament am 22. Juli diese Gesetzesgrundlage für das Verfassungsgericht beschlossen. Diese schränkt jedoch die Arbeit der obersten Richter fast ebenso ein wie ein Gesetz, das am 9. März von eben jenem Verfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden war. Auch die für Rechtsfragen zuständige Venedig-Kommission des Europarates hat festgestellt, das Gesetz widerspreche internationalen Normen. Agenturen/nd
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.