Wie das Zuhause bezahlbar wird

Birgit Keller (LINKE) ist seit 2014 Thüringer Infrastrukturministerin - sie gilt als pragmatisch

  • Sebastian Haak, Erfurt
  • Lesedauer: 4 Min.
Straßen zu bauen, ist eine langwierige Sache. Thüringens Infrastrukturministerin Birgit Keller baut deshalb vor allem an solchen Projekten weiter, an denen schon ihr CDU-Vorgänger gebuddelt hat.

Birgit Keller redet und redet. Und es wird lauter und lauter im Saal. Es ist der erste große Auftritt der LINKEN-Politikerin als Thüringer Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft bei einer Tagung der Thüringer Wohnungswirtschaft, im Mai 2015, in Suhl. Keller findet freundliche Worte für die großen Wohnungsunternehmen des Landes, die das Ganze organisiert haben. Sie nennt das Recht zu Wohnen ein »existenzielles Grundrecht«.

Eigentlich ein Anlass, bei dem die Zuhörer schon aus Höflichkeit schweigen und lächeln. Doch mit jedem Wort, das Keller spricht, verliert sie die Wohnungs-Menschen mehr. Nutzt sie zu viele Floskeln? Das wohl auch. Doch die Ursache dafür, dass es schon bei diesem Aufeinandertreffen zwischen Keller und den Vertretern der Thüringer Wohnungswirtschaft nicht klappt, liegt tiefer. Bis heute ist das Verhältnis zwischen der 57-Jährigen und denen, die Wohnungen verwalten, bauen und auch noch immer abreißen, alles andere als herzlich. Im Kern geht es bei dem Dissens um die Frage, wie genau mehr bezahlbare Wohnungen in Thüringen zu schaffen wären - doch davon später.

Der Bereich Wohnungswirtschaft ist bemerkenswert, denn in Kellers anderen Zuständigkeitsbereichen Infrastruktur, Landwirtschafts- und Forstpolitik läuft im Großen und Ganzen auch unter Rot-Rot-Grün alles so, wie unter Kellers Amtsvorgängern von der CDU. Abgesehen vielleicht von dem Versuch, dem Staatswald ein Nachhaltigkeitssiegel zu verpassen.

Dass sich die Ministerin im Wesentlichen mit den gleichen Problemen herumärgern muss wie ihre Vorgänger, hat vor allem damit zu tun, dass zum Beispiel der Straßenbau in vielen Fällen eine so umfangreiche Aufgabe ist, dass entsprechende Projekte kaum innerhalb nur einer Legislaturperiode zu bewältigen sind. Und es hat damit zu tun, dass es den Bauern völlig egal ist, ob sie ihr Leid über das Wetter, Feldmäuse oder die Unbilden des Marktes nun einem Vertreter der CDU oder einer Vertreterin der LINKEN klagen. Deshalb Keller tut das Übliche, um solche Kläger zu beschwichtigen: Sie stellt staatliche Hilfe für die Bauern in Aussicht, ohne dass so etwas die Strukturprobleme der Landwirtschaft lösen würde.

Aber was sind die tieferen Ursachen dafür, dass Ministerin Keller und die Lobbyisten der Wohnungswirtschaft bis heute nicht so richtig warm miteinander geworden sind? Denn dass es bezahlbare Wohnungen in Thüringen geben muss, darin sind die Wohnungswirtschaftler und Keller zwar einig. Bloß: Wie erreicht man dieses Ziel am besten? Hier gehen die Meinungen auseinander, wobei es zu einfach wäre zu sagen: Keller und ihr Staatssekretär Klaus Sühl - der als der Verwaltungschef in Kellers Ressort gilt - setzten da immer auf die linke Lehre, während die Wohnungswirtschaftler stets den Weg des Kapitalismus wählen wollten.

Bei der Mietpreisbremse mag das in etwa noch so stimmen: Dass Keller - nach großem Druck aus der Thüringer SPD - schließlich den Weg für die Anwendung der Mietpreisbremse in Erfurt und Jena frei gemacht hat, halten die Wohnungswirtschaftler bis heute für einen schweren Fehler. Das verhindere den freien Wettbewerb, schrecke Investoren ab und werde damit zu einer steigenden Wohnungsknappheit mit steigenden Mieten in diesen Städten führen, argumentieren sie - während Keller und Sühl sowie die Thüringer SPD auf die Regulierung des freien Marktes durch die Mietpreisbremse setzen. Allerdings: Trotz aller Forderungen seitens der Sozialdemokraten hat Keller für Weimar keine Mietpreisbremse möglich gemacht. Die rechtlichen Voraussetzungen dafür seien derzeit nicht gegeben, sagt sie. Nach den Berechnungen des Ministeriums liegt unter anderem die durchschnittliche Mietbelastung der Weimarer nicht über dem Bundesdurchschnitt. Das sei aber eine Voraussetzung dafür, dass eine Mietpreisbremse eingeführt werden könne, sagt Keller.

Aber es gibt auch Punkte in Sachen Wohnungsbauförderung, bei denen die Linkspolitikerin als Ministerin durchaus bereit ist, mit linken Ideen zu brechen - ganz im Unterschied zur Wohnungswirtschaft. In Kurzform: Keller und ihr Haus setzen zum Ankurbeln des sozialen Wohnungsbaus vor allem auf die Vergabe zinsloser Kredite, die Wohnungsunternehmen wollen dagegen staatliche Zuschüsse. In der aktuellen Niedrigzinslage, argumentieren sie, gebe es keinen weiteren Bedarf an zinslosen Darlehen.

Doch Keller weiß durchaus pragmatische Politik zu machen, die sich mehr an der Welt da draußen (in der der Landeshaushalt ein endliches Volumen hat) orientiert, als an theoretischen Erörterungen. Zwischen 2004 und 2012 war sie selbst Unternehmerin; zwischen 2012 und 2014 Landrätin des Landkreises Nordhausen. Und linke Kommunalpolitiker gelten - jedenfalls im Osten und im Vergleich zu ihren Parteifreunden auf anderen Politikebenen - generell als die Pragmatiker schlechthin.

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