Mit Spaß zur Politik
Wahl-O-Mat gestartet: Fünf Politiker des Abgeordnetenhauses testen ihre Einstellungen
»Klaus, wie viel hast du?«, fragt Thomas Heilmann, Justizsenator (CDU) und lugt auf den Bildschirm seines Kollegen aus dem Abgeordnetenhaus. »Hundert«, sagt Klaus Lederer, Landesvorsitzender und Spitzenkandidat der LINKEN. Hundert, das heißt: hundert Prozent Übereinstimmung seiner Antworten mit dem Parteiprogramm der LINKEN. »Auswendig gelernt«, sagt Heilmann.
Ausgespuckt hat dieses an sozialistische Zeiten erinnernde Ergebnis der Wahl-O-Mat, den die Landeszentrale für politische Bildung an diesem Dienstag vorgestellt hat. Politiker der im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien durften ihn als Erste testen und herausfinden, wie sehr sie hinter dem eigenen Programm stehen. Neben Heilmann und Lederer waren der SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh gekommen, der Spitzenkandidat der Grünen, Daniel Wesener, und Franz-Josef Schmitt von den Piraten. Sie bewerteten 38 Aussagen wie »Berlin soll sich dafür einsetzen, dass es keine Ausnahmen vom Mindestlohn gibt«.
»Bock auf Wahl? Tierisch!« ist das Motto der Landeszentrale für die Abgeordnetenhauswahl im September. Davon will der Wahl-O-Mat besonders junge Menschen und Nichtwählerinnen und -wähler überzeugen, so dass diese ihr Kreuz erstmals am 18. September setzen. »Wir wollen den Appetit auf Politik anregen«, sagt Pamela Brandt von der Bundeszentrale für politische Bildung. Gerade bei Landtagswahlen wüssten viele Wählerinnen und Wähler nicht, was auf Landesebene entschieden wird. Inhaltliche Unterschiede zwischen den Parteien auszumachen, fiele gerade jungen Menschen ohne dieses Hilfsmittel schwer.
Die Zahlen scheinen ihr recht zu geben: Seit 2002 haben 47 Millionen Menschen den Wahl-O-Mat zu Rate gezogen. Bei der vergangenen Wahl in der Hauptstadt war es eine halbe Million, jeder fünfte Wähler. Sieben Prozent der Nutzerinnen und Nutzer gaben an, zur Wahl gehen zu wollen, auch wenn sie das nicht geplant hatten. Die Hälfte informierte sich im Anschluss weiter über die Parteien.
Für diese Erfolge ist ein Faktor sehr wichtig: Spaß. Den haben laut Bundeszentrale bis zu 90 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer. Auch die anwesenden Politiker können davon berichten: »Ich klicke mich zum Spaß auch bei anderen Landtagswahlen durch«, sagt Lederer. Auch sein Kollege Daniel Wesener von den Grünen stimmt zu: »Das hat Spaß gemacht.« Er erreichte ebenfalls eine hundertprozentige Übereinstimmung mit den Positionen seiner Partei. »Das ist eine wirklich gute Arbeit von der Jugend.«
Tatsächlich entwickelte eine Redaktion aus Jungwählerinnen und -wählern den umfassenden Fragenkatalog: Sie entnahmen den Wahlprogrammen in mehreren Schritten kontroverse und tagespolitisch relevante Themen. »Für Radwege sind inzwischen alle, das haben wir dann wieder rausgenommen«, sagt Thomas Gill, Leiter der Landeszentrale.
Das Wahl-O-Mat-Team der Landeszentrale besteht hauptsächlich aus Studierenden, Abiturientinnen und Abiturienten. Marisa Sann ist eine von ihnen. Dass sie bei Lederer steht, sei »eher spontan«. Sie fühle sich allen Parteien nah, »außer der CDU«. Lederer ist fertig mit den Fragen der Journalistinnen und Journalisten, nun kann sie etwas fragen. »Würden Sie eine rot-rote Koalition eingehen?« »Ja«, sagt Lederer. »Und Rot-Rot-Grün?« »Natürlich.« Als Lederer geht, sagt Marisa: »Ich find, dass er ein cooler Typ ist.« Er habe die Thesen souverän bewertet und auch erklärt, wenn er etwas anders gesehen habe als seine Partei. Heilmann hingegen hat Pech. Mit 91,3 Prozent Übereinstimmung zur CDU hat er das am wenigsten kongruente Ergebnis vorzuweisen. »Einmal hab ich mich vertippt«, sagt er. »Und zur Ehe von Homosexuellen, da bin ich einfach anderer Meinung als meine Partei.«
https://www.wahl-o-mat.de/berlin2016
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