Europas Kinder sind arm dran

Besonders in Südosteuropa nimmt die Armut wieder zu

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Folgen der Austeritätspolitik für Griechenland und die iberischen Staaten lassen sich mittlerweile auch statistisch nachweisen. Doch auch Deutschlands Kinder sind immer stärker armutsgefährdet.

Die Europäische Union ist auf dem Weg zu einer Armutsgemeinschaft. Dies belegen die Zahlen der Statistikbehörde Eurostat, die die Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann (LINKE) ausgewertet hat. Demnach waren im Jahr 2014 rund 27,4 Prozent aller Kinder unter 16 Jahren in Europa von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht - also mehr als jedes vierte Kind. In absoluten Zahlen bedeutet dies: 22,85 Millionen Kinder in der EU wachsen in Armut oder prekären Verhältnissen auf. 2010 waren es noch 22,6 Millionen unter 16-Jährige. Damit stieg die Quote in nur vier Jahren um über 250 000. Als von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht gilt, wer weniger als 60 Prozent des landesweiten mittleren Einkommens (Median) verdient. Kinder dieser Geringverdiener trifft die Einkommensarmut ebenso wie die Eltern selbst. Zudem kann es ein Hinweis auf Armut sein, wenn die in einem Haushalt lebenden erwerbsfähigen Mitglieder nur in geringem Maß einer Erwerbsarbeit nachgehen können.

Besonders erschreckend ist der Blick auf die Daten der Euro-Zone: Hier nahm das Armutsrisiko in den vergangenen Jahren kontinuierlich zu. Lag es 2006 noch bei 22,8 Prozent, sind es mittlerweile 25,4 Prozent. Hervor sticht hier Griechenland, wo die Quote benachteiligter Kinder innerhalb von elf Jahren von 26,4 Prozent auf 36 Prozent geklettert ist. Mehr als jedes dritte Kind ist dort mittlerweile armutsgefährdet. Auch in Portugal, das sich ebenfalls dem harten Austeritätsregime beugen musste, stieg der Anteil von 24,7 auf 30,8 Prozent. Genauso düster ist die Lage im krisengeschüttelten Spanien mit seiner astronomischen Jugendarbeitslosigkeit, die eben auch junge Eltern trifft. Waren 2006 noch 29,2 Prozent aller Kinder arm oder armutsgefährdet, betraf das 2014 bereits 35,4 Prozent.

Doch auch im reichen Deutschland nimmt die Armut wieder zu. Mittlerweile sind laut Eurostat 19,3 Prozent aller Kinder betroffen. Selbst in Luxemburg wurde der Anteil der Prekären größer: Lag dieser 2006 noch bei 19,9 Prozent, waren es 2014 bereits 25,7 Prozent.

Dass zumindest die EU-Durchschnitts-Zahlen nicht noch katastrophaler ausgefallen sind, verdankt sich auch den neuen EU-Mitgliedsstaaten wie Bulgarien. In dem Balkanstaat sank die Quote von 61,3 Prozent auf 45,2 Prozent. In Rumänien und Ungarn hingegen schwankt die Quote. Von einem kontinuierlichem Rückgang der Armut kann hier keine Rede sein.

Angesichts der Zahlen forderte LINKE-Fraktionschef Dietmar Bartsch am Dienstag eine Kindergrundsicherung als eigenständige Leistung. »Armut darf nicht zur Normalität werden. Deshalb fordert die LINKE eine Kindergrundsicherung als eigenständige Leistung, um die soziale Stigmatisierung ganzer Generationen durch Armut zu beenden«, sagte Bartsch der Nachrichtenagentur dpa. Das Konzept zur Kindergrundsicherung der LINKEN sieht vor, dass sich die Grundsicherung »am tatsächlichen, verfassungsrechtlichen Existenzminimum der Kinder zu orientieren« hat. Als Sofortmaßnahme will die LINKE das Kindergeld erhöhen: für die ersten zwei Kinder auf 200 Euro, für alle weiteren Kinder entsprechend gestaffelt.

Die Grünen sprachen am Dienstag von einem »Weckruf« an alle europäischen Regierungen, »die nächste Generation in den Fokus zu nehmen«. »Europa darf nicht von Armut und sozialer Ausgrenzung dominiert werden«, kritisierte die kinderpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Franziska Brantner.

Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnte, die für die zweite Jahreshälfte angekündigte Neuberechnung der Regelsätze für Kinder und Jugendliche müsse eine Verbesserung bringen. Mit Agenturen

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