Neue Regeln für Telefone der Polizei
Thüringen will Anweisung für Mitschnitte korrigieren
Erfurt. Als Reaktion auf heimliche Telefonaufzeichnungen bei der Thüringer Polizei soll die dafür maßgebliche Dienstanweisung korrigiert werden. Das Ministerium arbeite an einer neuen, aktualisierten Variante, teilte Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) in Erfurt mit. Darüber habe er auch das Kabinett informiert. Notrufe, die unter der 110 bei der Landeseinsatzzentrale in Erfurt eingingen, würden auch weiterhin aufgezeichnet.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt, weil nach der alten Dienstanweisung von August 1999 an Geräten, auf denen der Notruf 110 ankam, auch alle anderen Telefonate automatisch aufgenommen und gespeichert worden sein sollen. Die alte Dienstanweisung wurde laut Innenministerium am 5. Juli außer Kraft gesetzt. Damit sei die automatische Aufzeichnung an den Nebenstellen der sogenannten Notrufplätze in den Polizeidienststellen beendet worden.
Nach Ansicht des Landesdatenschutzbeauftragten Lutz Hasse hätte die umstrittene Dienstanweisung zum Mitschneiden von Gesprächen bei der Polizei spätestens 2014 geändert werden müssen. Mit der Einrichtung der Landeseinsatzzentrale in Erfurt habe es keinen Grund mehr gegeben, auch an einzelnen Nebenstellen-Apparaten in anderen Dienststellen alle eingehenden und abgehenden Telefonate automatisch aufzuzeichnen, sagte Hasse der dpa.
Ob es in der Vergangenheit zu Datenschutzverstößen kam, wird laut Poppenhäger derzeit geprüft. Außerdem werde untersucht, ob es Versäumnisse oder Fehlverhalten von Verantwortlichen gab. Das Telekommunikationsgesetz gelte auch bei der Thüringer Polizei. Der Minister will dem Landtag in einer Sondersitzung am 17. August über die Untersuchungsergebnisse informieren.
Drei Mitarbeiter des Datenschutzbeauftragten hatten eine Polizeidienstelle in der Stadt Greiz besucht, um sich Telefone anzusehen, mit denen die umstrittenen Mitschnitte erfolgten. Hasse sagte, er sei zu der Überzeugung gelangt, auch vor dem Jahr 2014 hätten eigentlich automatisch nur Notrufe, nicht aber abgehende Gespräche von Diensttelefonen aufgezeichnet werden dürfen. Das ergebe sich ebenso aus der Struktur der Dienstanweisung wie aus übergeordnetem Recht.
Auf Grundlage der Dienstanweisung vom August 1999 hatte die Thüringer Polizei mutmaßlich Zehntausende Telefonate aufgezeichnet. dpa/nd
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