»Sächseln ist verdammt schwer«
Trainer Uwe Neuhaus kehrt mit Dynamo Dresden erstmals zum 1. FC Union Berlin zurück
Sie werden im Stadion An der Alten Försterei von den Fans wohl als »Fußball-Gott« begrüßt, wie alle ehemaligen Unioner …
Wenn es so käme, würde ich mich darüber freuen. Ich weiß aber nicht, ob das bei Trainern auch so ist wie bei Spielern. Aber ich glaube, dass sich die Mehrheit freudig an die Jahre mit mir erinnern wird. Andere werden froh sein, meinen Fußballstil los zu sein.
Was bedeutet Ihnen das Spiel an der einstigen Wirkungsstätte?
Es ist eine besondere Partie für mich. Ich habe in Berlin tolle sieben Jahre erlebt. Es ist also keine Rückkehr wie jede andere. Ich versuche aber, dass so weit wie möglich auszublenden.
Ich merke, dass Sie immer noch berlinern …
Sächseln ist verdammt schwer und innerhalb von einem Jahr färbt das noch nicht ab. Ich nehme nicht sofort alle regionalen Sprachen an und berlinern ist sicher ein bisschen einfacher.
Sie haben bei Ihrer Vorstellung in Dresden gesagt, dass Sie Dinge bei Union im Nachhinein anders gemacht hätten. Was zum Bespiel?
Details werde ich nicht verraten. Ich bin generell der Meinung, dass jeder, vor allem in leitender Position, sich und seine Arbeitsweise reflektieren sollte. Dazu hatte ich genügend Zeit. In der einen oder anderen Situation würde ich heute anders handeln.
Mit wem aus der Union-Zeit haben Sie noch regelmäßigen Kontakt, außer zu Ihrem langjährigen Co-Trainer André Hofschneider?
Ich weiß nicht, ob man denjenigen einen Gefallen tut, wenn man so etwas öffentlich erzählt. Es gibt ja nicht nur Befürworter von mir. Da werden so viele Geschichten erfunden.
Auch über Ihre Vereinstrennung?
Ich habe mich nie an solchen Geschichten beteiligt. Ich hatte damals auch keinen Kontakt zu den Medien und habe nie etwa Details zu meinem Abschied gesagt. Es gab natürlich Tausende Fragen dazu. Aber ich finde, dass sich das nicht gehört. Das Thema ist durch.
Wie viel Neuhaus steckt noch in der Union-Mannschaft?
Aktuell sind noch einige Fußballer aus meiner Zeit da, aber die Spielweise hat sich deutlich geändert. Es kamen nach mir mehrere Trainer mit anderen Auffassungen. Ansonsten können wir anfangen mit der Haupttribüne und den Trainingsplätzen. Ich denke nur an die alten Kabinencontainer. Wenn man die gesamten sieben Jahre nimmt, so ist schon einiges auf den Weg gebracht worden. Ich denke schon, dass ich einen Anteil daran habe. Wir konnten auch im sportlichen Bereich einen Weg einschlagen, der all das dem Verein ermöglich hat. Wären wir in der Regionalliga Nord oder in der 3. Liga geblieben, wäre das alles mit deutlicher Verzögerung passiert - wenn überhaupt.
Nach dem Zweitligaaufstieg mit den Unionern 2009 sind alle damaligen Stammspieler geblieben. In Dresden gingen hingegen mit Torjäger Eilers und Kapitän Hefele wichtige Säulen. Wieso?
Vielleicht spielt das Alter eine Rolle. Viele Vereine setzen auf Sturm und Drang. Und so viele junge Spieler gab es damals nicht bei Union. Ab einem gewissen Alter ist man nicht mehr so begehrt. Bei Union war der Aufstieg zunächst nicht geplant. Nach Dresden bin ich mit genau diesem Ziel gegangen.
Was ist in Dresden möglich?
Das hängt von einem ordentlichen Start ab. Wir wollen aus unseren Mitteln so ziemlich alles herausholen. Wir werden wohl mehr Spiele verlieren als in der vergangenen Saison. Wir müssen lernen, Rückschläge wegzustecken und zu verdauen.
Was trauen Sie Union zu?
Die Mannschaft war in den vergangenen Jahren immer in einstelligen Tabellenrängen. Der Traum von der 1. Liga ist hier immer noch präsent. Aber das kann man schlecht planen. Das war ja auch zu meiner Zeit ein Thema. Wenn alles optimal passt, kann Union oben mitspielen.
Union hat acht Heimspiele in Serie gewonnen. Macht Ihnen das vor dem Duell in Berlin Angst?
Nein, denn Dynamo ist seit 17 Spielen ungeschlagen. Und jede Partie beginnt neu. Die Siegserie von Union unter dem früheren Trainer André Hofschneider, so bezeichne ich sie mal, hat mir Spaß gemacht. Aber die kann jetzt auch zu Ende sein.
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