Herbert Schui ist tot

Linker Ökonom, Politiker ohne Attitüden: der WASG-Gründer und Memogruppen-Schöpfer starb im Alter von 76 Jahren

  • Tom Strohschneider
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Linkenpolitiker und Ökonom Herbert Schui ist tot. Wie am Montag bekannt wurde, starb der Wissenschaftler und frühere Bundestagsabgeordnete im Alter von 76 Jahren. Schui, der in Köln aufwuchs und in der Eifel die Schule abschloss, hatte sich zunächst für die volkswirtschaftliche Laufbahn entschlossen – er studierte in der Domstadt, forschte später in Konstanz über Geldtheorie und Geldpolitik, Studienaufenhalte in Frankreich und den USA folgten. 1972 promovierte er mit einer Arbeit über »Geld- und Kreditpolitik in einer planifizierten Wirtschaft«, die das französische Beispiel in den Fokus stellte. Ab Mitte der 1970er Jahre war Schui dann an verschiedenen Hochschulen als Professor tätig.

Schon früh verstand er sich dabei als dezidiert politischer Wissenschaftler. Zusammen mit Jörg Huffschmid gründete er 1975 die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik, die bis heute an ihrem Credo festhält, sich »der Entwicklung wirtschaftspolitischer Vorschläge und Perspektiven« zu widmen, »die sich an der Sicherung sinnvoller Arbeitsplätze, der Verbesserung des Lebensstandards und dem Ausbau des Systems der sozialen Sicherheit für die Arbeitnehmer sowie wirksamer Umweltsicherung in der Bundesrepublik orientieren«. Als Gewerkschaftsmitglied und oder im globalisierungskritischen Netzwerk Attac engagierte sich Schui auch in sozialen Bewegungen. Seine parteipolitische Heimat war zunächst die SPD, aus der er allerdings 2004 austrat.

Unter den damaligen und überwiegend gewerkschaftlichen Gründern der »Initiative für Arbeit und soziale Gerechtigkeit« war Schui »der Professor«. Später ging aus der süddeutsch geprägten Initiative und einer weiteren, eher im Norden der Republik angesiedelten Neugründung die Wahlalternative hervor – die dann mit der PDS zur neuen Linkspartei fusionierte. Schui wurde dort 2007 Mitglied, da saß er schon im Bundestag, dem er bis 2010 als wirtschaftspolitischer Sprecher seiner Fraktion angehörte.

Wer mit ihm zu tun hatte, kannte einen außerordentlich sachkundigen und freundlichen Ökonomen, der ganz frei von den üblichen Politikerattitüden war. Bis zum Schluss war Herbert Schui publizistisch aktiv. Der Neoliberalismus war ihm »Feind planvoller gesellschaftlicher Gestaltung«, er sah schon frühzeitig den Zusammenhang zwischen radikalisierter Marktpolitik und dem Aufstieg der Rechten, er plädierte wo er nur konnte für einen Staat, der sich Sozialpolitik und praktizierte Demokratie auch leisten kann. Die Spitze der Linkspartei reagierte mit Bestürzung auf den Tod Schuis, der als »ein außergewöhnlicher Mensch, ein kritischer Kopf und brillanter Wissenschaftler« in Erinnerung bleiben wird.

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