Heftige Kritik an »Berliner Erklärung«

Nicht nur bei der SPD gibt es Bedenken gegen das Sicherheitspapier der Unions-Innenminister

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 2 Min.

Das Medienecho war enorm, als die Innenminister der Union am vergangenen Freitag ihre »Berliner Erklärung« verabschiedeten. Das neunseitige Papier will unter anderem das Tragen der Burka in der Öffentlichkeit einschränken und den Doppelpass auf den Prüfstand stellen. Ohne den Koalitionspartner geht da allerdings gar nichts. In einigen Punkten meldeten die Sozialdemokraten umgehend Widerstand an. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) etwa kritisierte die Debatte um die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft: »Das ist eine Misstrauenserklärung gegen die weit überwiegende Mehrheit der Doppelstaatler, die voll hinter dem Grundgesetz steht«, sagte Maas.

Auch SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann störte sich an den Plänen der Union. Die Diskussion um Burka und doppelte Staatsangehörigkeit hätten mit Innerer Sicherheit nichts zu tun. »Sie schüren nur Ängste gegenüber muslimischen Mitbürgern und lenken von den wirklichen Problemen ab.« Oppermann sah ganz andere Motive bei den Unionsministern als die vorgebliche Sorge um die öffentliche Sicherheit in Deutschland. »Die wahlkämpfenden CDU-Innenminister Frank Henkel und Lorenz Caffier irrlichtern über Wochen mit sachfremden Themen durch das Land«, sagte Oppermann mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) hatte wohl auch seine Karnevalshochburg Köln im Sinn, als er am Wochenende betonte: Wenn das Vermummen in der Öffentlichkeit untersagt werde, träfe das auch Faschingskostüme. Jäger unterstrich, die Burka-Debatte sei »aufgesetzt« und »überhöht«. Ursprünglich hatte die »Berliner Erklärung« gar ein Totalverbot der Vollverschleierung vorgesehen. Nachdem sich mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Kanzlerin Angela Merkel zwei ranghohe Unionspolitiker gegen ein solches Verbot ausgesprochen hatten, entschärfte man die ursprüngliche Version.

Wenn man in der Union hoffte, wenigstens die Gewerkschaft der Polizei (GdP) würde den Vorstoß für ein teilweises Verbot der Vollverschleierung begrüßen, dann sieht man sich nun getäuscht. »Die Burka interessiert uns als Polizei nur, wenn sie bei einer Identitätsfeststellung hinderlich sein sollte«, sagte der stellvertretende GdP-Vorsitzende Jörg Radek der »Mitteldeutschen Zeitung«.

Scharfe Kritik an der Erklärung kommt auch von der Bundesdatenschutzbeauftragten Andrea Voßhoff, selbst CDU-Mitglied. Ihr Unmut richtet sich gegen den ebenfalls in dem Papier geforderten Ausbau der Videoüberwachung im öffentlichen Raum und die Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung. »Wenn wir unsere Grundrechte, das heißt auch den Datenschutz, verfassungswidrig einschränken, verlieren wir das, was unsere Demokratie auszeichnet«, erklärte Voßhoff am Samstag in Berlin. »Dann hätten die Feinde der Demokratie ihr Ziel erreicht.«

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!