Ukraine-Treffen schrumpft zum Beratergespräch

Nach Absage mehrerer Außenminister wird in London kein Schritt zum Frieden unternommen

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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht sich mit neuen Forderungen aus den USA konfrontiert, die er nicht akzeptieren möchte.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht sich mit neuen Forderungen aus den USA konfrontiert, die er nicht akzeptieren möchte.

London. Das Fernbleiben von US-Außenminister Marco Rubio von Gesprächen in London hat die Erwartungen an schnelle Fortschritte in den Verhandlungen für einen Frieden in der Ukraine gedämpft. Dass Rubio nicht nach London reiste, sorgte für einige Verwirrung bei den britischen Gastgebern. Eigentlich war das Treffen auf Außenministerebene angedacht gewesen. Auch Frankreich und Deutschland schickten statt ihrer Außenminister lediglich Berater, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit zusammenkamen. US-Medien zufolge war auch der US-Sondergesandte Steve Witkoff nicht in London dabei. In den kommenden Tagen will er erneut nach Moskau reisen, um mit Putin über eine Beendigung des Krieges zu beraten.

Grund für die Absage der Minister soll ein Dokument sein, dass Kiew am Dienstag den europäischen Partnern vorstellte, in dem die Ukraine erklärte, dass es bis zu einem »vollständigen und bedingungslosen Waffenstillstand« keinerlei Gespräche über Gebietsabtretungen geben werde.

»Da gibt es nichts zu bereden. Das steht außerhalb unserer Verfassung«, sagte der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj in Kiew. Selenskyjs Worte dürften eine Reaktion auf Medienberichte gewesen sein, wonach Trumps »letztes Angebot« eine juristische Anerkennung der von Moskau annektierten Schwarzmeerhalbinsel Krim als russisch beinhalte. Daneben werde die Besetzung weiterer unter russischer Kontrolle stehender ukrainischer Gebiete faktisch geduldet.

US-Vizepräsident JD Vance erklärte, dass beide Seiten zu Gebietsabtretungen bereit sein müssen. Dazu zählt für die Ukraine neben der faktischen Anerkennung russischer Kontrolle über ukrainische Gebiete vor allem der Rückzug aus den russischen Gebieten Kursk und Belgorod, in denen sich immer noch ukrainische Soldaten befinden.

Aus welchen Gebieten sich Russland zurückziehen soll, ist unklar. Der »Telegraph« schreibt von »zwei kleinen Territorien« des Gebiets Cherson. Das Portal »Axios« meldet »einen kleinen Teil des Gebiets Charkiw« entlang der Grenze, den Moskaus Truppen verlassen sollen.

Moskau solle sich zudem verpflichten, die Invasion entlang der derzeitigen Frontlinie einzufrieren, berichtete die »Financial Times« unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Das Einfrieren der Front ist laut Militärexperten des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) dabei noch kein Garant für einen künftigen Frieden.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow wollte nicht bestätigen, dass Moskau überhaupt mit der Möglichkeit eines Stopps der Kämpfe an der aktuellen Frontlinie einverstanden sei. Es kursierten derzeit viele Falschmeldungen in den Medien, doch mögliche Konturen einer Einigung wären nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Gleichzeitig spekulierte er selbst öffentlich darüber, dass das avisierte hochrangige Treffen in London wegen Differenzen zwischen Kiew und Washington gescheitert sei.

Die US-Regierung hatte zuletzt damit gedroht, als Vermittler auszusteigen, wenn nicht schnell eine Einigung erzielt werde. Experten sehen Rubios Verzicht auf den London-Trip als Mittel, um den Druck auf Kiew weiter zu erhöhen. Ein Rückzug der USA – in dem Fall womöglich auch als Unterstützer – würde für die Ukraine eine massive Schwächung bedeuten. Der ukrainische Linke Wjatscheslaw Asarow glaubt, das Scheitern der London-Gespräche ermögliche dem Weißen Haus den Rückzug aus der Ukraine. Das komme der Fortsetzung des Krieges – bis zum Ende der Ukraine – gleich, so Asarow auf Telegram. dpa/nd

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