Den »Feind werfen« bei Torgelow

Standortübungsplatz wird erweitert, von der Leyen avisiert Millionen

  • René Heilig, Torgelow
  • Lesedauer: 3 Min.

Eine Woche haben sie geübt, ihre Fahrzeuge gewaschen, mit Kiefernzweigen bis zur Unkenntlichkeit verhüllt. Dann traten sie an, um den »Feind zu werfen«. Maschinengewehre ratterten los, die Kanonen von »Wiesel«-Panzern mischten sich ein. Künstlicher Nebel wurde gelegt, in seinem Schutz räumten Soldaten Drahtsperren und griffen in kleinen Trupps Holzbuden an. Zehn Minuten später war die »Ortschaft« freigekämpft.

Die Übung lief auf dem Übungsplatz Jägerbrück bei Torgelow ab und war am Dienstag eigentlich nur der Rahmen, in dem sich ein scheinbar bürokratischer Akt vollzog. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) teilte den Spitzen der Panzergrenadierbrigade 41, die den Namen »Vorpommern« trägt, mit, dass ihr Standortübungsplatz wieder zum Truppenübungsplatz hochgestuft wird.

Das könnte dem Laien, der hier nicht herumspringen und imaginäre Feinde werfen soll, herzlich egal sein, wenn damit nicht eine höhere Übungsintensität verbunden wäre. Demnächst wird wieder scharf geschossen, mit schweren Waffen. »Ist ja auch peinlich«, so hatte der Brigadekommandeur Oliver Kohl der Ministerin gebeichtet, »das wir bei unserem polnischen Partner auf dem Übungsplatz Zagan nach Herzenslust üben können«, doch in Deutschland müsse man, »wenn die Polen kommen, bis zu 400 Kilometer in andere Bundesländern fahren«.

Die Armeen beider Länder haben sich gegenseitig Bataillone unterstellt, die Zusammenarbeit auf militärischer Ebene laufe ungeachtet der politischen Probleme im Nachbarland gut, hört man in Torgelow. Doch nicht die von General angemerkte »Peinlichkeit« war der Grund, dass Verteidigungsministerin von der Leyen das bisherige Übungsplatzkonzept »noch einmal überarbeitet hat«. Vielmehr habe sich »die Sicherheitslage deutlich verändert«. So habe es 2011, als man in Jägerbrück den letzten scharfen Schuss bei einer Übung abgegeben hat, »weder den Konflikt in der Ukraine noch die Bedrohungen durch den Islamischen Staat gegeben«. Aber, so von der Leyen: »Die Übungsbedingungen hier zu Hause entscheiden auch darüber, was die Bundeswehr dann im Einsatz leisten kann.« Teile der Brigade 41 sind derzeit unter anderem in Afghanistan und im afrikanischen Mali stationiert.

Die Wahl sei auf Torgelow gefallen, denn »hier ist die Bundeswehr willkommen, hat den Rückhalt der Bevölkerung«, so die Verteidigungsministerin. Und schließlich habe man schon in den vergangenen Jahren »Millionen und Abermillionen in die Region investiert«. Bis der Platz tatsächlich für größere Manöver genutzt werden kann, sind »weitere Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe« nötig. Neue Dienstposten müssten geschaffen werden, denn »wir wollen hier lange, lange bleiben«.

Das hörte der Mann, den von der Leyen im Schlepptau hatte und der gekonnt in die Kameras lächelte, gerne. Von der Leyens Parteifreund und Landesinnenminister Lorenz Caffier beeilte sich, zu bestätigen, dass hier bis zu 50 neue Arbeitsplätze entstehen werden. Beispielsweise würde die Bundeswehr dann wieder eine eigene Feuerwehr unterhalten.

Jeder noch so kleine Erfolg in Mecklenburg-Vorpommern zählt. Demnächst wird gewählt, und nicht nur auf den Straßen Torgelows dominieren AfD- und NPD-Plakate.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.