Drei Minister protestieren in London nach Angriffen auf Polen
Attacken auf Polen häufen sich nach Brexit-Votum / Vor einer Woche starb ein 40-Jähriger, weitere Angriffe am vergangenen Wochenende
Berlin. Der gewaltsame Tod eines Polen in Großbritannien lässt jetzt auch die Regierung in Warschau handeln: Wie das polnische Außenministerium am Sonntag mitteilte, sollen drei Minister in Kürze, wahrscheinlich noch am heutigen Montag, nach London reisen, um von der britischen Regierung ein klares Bekenntnis zum Schutz polnischer Staatsbürger zu verlangen. Polen stuft den Mord an einem 40-jährigen Fabrikarbeiter in einem Londoner Vorort als fremdenfeindliche Tat ein.
Der Sprecher des polnischen Außenministeriums, Rafal Sobczak kündigte in polnischen Medien eine »Dringlichkeitsreise« dreier Minister an. Demnach sollen Außenminister Witold Waszczykowski, Justizminister Zbigniew Ziobro und Innenminister Mariusz Blaszczak in die britische Hauptstadt reisen. Ein Termin stehe noch nicht fest. Aus Regierungskreisen verlautete jedoch, die Reise solle bereits am Montagnachmittag stattfinden.
Die Minister wollten die Briten auffordern zu erklären, »dass für die Sicherheit polnischer Staatsbürger garantiert wird«, sagte Sobczak. Mit Blick auf den geplanten EU-Austritt Großbritanniens wollten sie darauf hinweisen, dass dies nicht bedeuten dürfe, »dass die legal im Vereinigten Königreich arbeitenden Polen leiden werden«.
Seit dem knappen Brexit-Votum häufen sich die Angriffe, auch auf Polen: Knapp eine Woche, nachdem ein 40-jähriger Mann aus Polen infolge einer Prügelattacke am 27. August im englischen Harlow gestorben ist, sind dort erneut Polen angegriffen worden. Wie die Polizei in der südostenglischen Grafschaft Essex mitteilte, wurden zwei polnische Männer am Sonntag in den frühen Morgenstunden angegriffen. Es könne sich dabei um ein aus Hass begangenes Verbrechen handeln, hieß es. Zeugenaussagen zufolge seien vier oder fünf Angreifer auf die beiden etwa 30 Jahre alten Männer vor einem Pub in Harlow losgegangen. Ein Opfer trug eine Schnittwunde am Kopf davon, der andere eine gebrochene Nase. Die britische Polizei ermittelt gegen sechs Jugendliche, unter anderem wegen eines Hassverbrechens. Die Teenager befinden sich unter Auflagen auf freiem Fuß. Auch die polnischen Behörden haben Ermittlungen eingeleitet.
Vergangenen Montag war der 40-jährige Pole nach der Prügelattacke in Harlow an seinen Verletzungen gestorben. Ob die Tat einen ausländerfeindlichen Hintergrund hat, war zwar unklar, löste aber in Großbritannien eine Debatte über Ausländerhass aus. Medien spekulierten, der jüngste Angriff könne im Zusammenhang mit einer Gedenkveranstaltung für den vergangene Woche getöteten Mann stehen. Einen direkten Zusammenhang zwischen den beiden Taten schloss die Polizei aber aus.
In Großbritannien leben und arbeiten hunderttausende Polen, die nach dem Votum der Briten für einen EU-Austritt um ihre Zukunft dort bangen. Seit dem Votum am 23. Juni, mit dem viele Wähler auch den Zuzug von EU-Bürgern nach Großbritannien beschränken wollen häufen sich fremdenfeindliche Vorfälle gegenüber Polen in Großbritannien, die dort die größte ausländische Bevölkerungsgruppe stellen. Agenturen/nd
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