Viel Arbeit abseits der Tariftabellen

Ministerin Golze sieht Unternehmen im Betriebspanel 2015 dennoch in guter Verfassung

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

In Brandenburg hat sich im vergangenen Jahr die Zahl der versicherungspflichtig Beschäftigten leicht verringert - auch das geht aus der neuesten Umfrage unter märkischen Unternehmen hervor. Dennoch sei der Beschäftigtenumfang 2015 noch immer 14 Prozent höher als zehn Jahre zuvor gewesen.

Reichtümer häuften die Angestellten wohl dennoch kaum an, zumal mit 38 Prozent die Zahl der »atypischen« Beschäftigungsverhältnisse so häufig geworden sind, dass sie schon beinahe die typischen genannt werden müssten (2001: 22 Prozent). Dazu zählen befristete, geringfügige und Leiharbeitsverhältnisse. Der Bruttodurchschnittslohn je abhängig Vollbeschäftigten lag in Brandenburg laut Panel bei 2510 Euro. Der Durchschnitt in Ostdeutschland wird mit 2600 Euro angegeben, in Westdeutschland mit 3210 Euro. Und das, obwohl das Qualifikationsniveau aufgrund der DDR-Herkunft in Ostdeutschland immer noch höher liegt als in den westlichen Bundesländern.

Im Osten haben 14 Prozent der Beschäftigten eine Hochschulabschluss, im Westen 13 Prozent. Bei den Berufsabschlüssen der Angestellten liegt das Verhältnis bei 66 Prozent im Osten zu im Westen 58 Prozent im Westen. Einfache Tätigkeiten verrichten im Osten 14 Prozent, im Westen 23 Prozent der Beschäftigten. Das Ergebnis des »Panels« wurde aus einer Umfrage unter 1050 der insgesamt rund 66 000 Unternehmen in Brandenburg ermittelt.

Ministerin Golze hob hervor, dass sich zwischen 2014 und 2015 der Abstand zum durchschnittlichen Westgehalt von 25 Prozent auf 22 Prozent verringert habe. Allerdings gab es einen solchen Sprung schon einmal zwischen 2007 und 2008. Seit 1998 wird in Brandenburg zwischen 74 und 78 Prozent vom Westgehalt verdient, von einem Angleich kann also selbst tendenziell nicht die Rede sein. Ausnahmen sind der öffentliche Dienst (100 Prozent) und ausgewählte Branchen, wie das Bankenwesen.

Nahezu unverändert niedrig liegt der Anteil der Betriebe mit Tarifbindung bei einem Viertel. Weil es sich aber zumeist um größere Unternehmen handelt, ist knapp die Hälfte der Beschäftigten im Land tarifabgesichert. Für den Rest gilt der Mindestlohn, mit dessen Einführung sich laut Golze das Einkommen von 140 000 Menschen verbessert habe. Rund 40 Prozent aller Angestellten hatten vor zwei Jahren noch weniger als den heutigen Mindestlohn erhalten.

In Brandenburg wird auf den Mindestlohn in bestimmten einkommensschwachen Branchen auf höchst eigenwillige Weise reagiert. Beschäftigte werden etwa durch Outsourcing zu »Selbstständigen«, die berüchtigte Ich-AG feiert fröhlich Urständ. Für das Panel haben diese aber keine Bedeutung, weil in dieser Umfrage nur Betriebe mit mindestens einen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten berücksichtigt werden.

Das würde allerdings bedeuten, dass die große Zahl der Selbstständigen in der vorgelegten Statistik gar nicht erfasst ist. Sie aber sind die »Selbstausbeuter«, die mit Dumpingangeboten jenen Betrieben Konkurrenz machen, die Tarif- oder zumindest Mindestlohn zahlen. Denn wer angestellt beschäftigt ist, für den gilt der Mindestlohn. Wer auf eigene Rechnung tätig ist, für den gilt gar keine Einkommensbindung und nicht einmal die Pflicht, sich für die Altersrente zu versichern. »Sie unterbieten unsere Betriebe und fallen im Alter der Gesellschaft zur Last«, sagt Wolf-Harald Krüger, Präsident der Handwerkskammer Ostbrandenburg.

In Brandenburg ist der Anteil von Beschäftigten über 50 Jahre von 20 Prozent (2002) auf 38 Prozent (2015) angewachsen. Damit überbietet das Land den ostdeutschen Schnitt mit 36 Prozent, der westdeutsche liegt bei 31 Prozent. Jede dritte angebotene Stelle wird nicht mehr besetzt. Der Anteil ausbildender Unternehmen, der 2001 noch bei 56 Prozent lag, hält sich seit 2012 zwischen 38 und 39 Prozent. Im gleichen Zeitraum hat sich die Zahl der Schulabgänger auf 60 Prozent verringert. Rund 60 Prozent der Schüler in Brandenburg streben nach wie vor das Abitur an, den Die Landesregierung rechnet damit, dass sich daran nichts ändern wird. Rein rechnerisch kann demnach die Personalnot in Handwerk und Pflegeberufen nur noch größer werden.

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