Vattenfall macht weniger Dreck
2017 soll die Braunkohleverfeuerung im Kraftwerk Klingenberg enden
»Am 24. Mai 2017 ist das Kapitel Braunkohle im Kraftwerk Klingenberg für immer abgeschlossen«, verkündet Gunther Müller, Vorstand der Vattenfall Wärme am Dienstag. Ab diesem Datum soll die Fernwärme für 300.000 Haushalte in der Osthälfte Berlins nur noch mit Erdgas erzeugt werden. 100 Millionen Euro investiert Vattenfall in die Ertüchtigung des bestehenden Gaskraftwerks am Standort Klingenberg. Die Hauptlast bei der Versorgung soll künftig das geplante Gas- und Dampfkraftwerk (GuD) in Marzahn tragen.
Dieser Schritt spart jährlich 600.000 Tonnen Kohlendioxidemissionen ein. Immerhin ein knapp dreiprozentiger Rückgang gegenüber den letzten verfügbaren Zahlen von 2013, als das Statistische Landesamt Berlin-Brandenburg einen Gesamtausstoß von 20,8 Millionen Tonnen des Klimagases in der Hauptstadt errechnete. »Das ist ein wichtiger Schritt für die Wärmewende«, so Müller, also hin zu einer klimaneutralen Wärmeerzeugung.
Für die Öffentlichkeit kommt dieser Schritt überraschend. Vattenfall musste im Falle Klingenberg bisher herbe Kritik einstecken. Denn: »Ursprünglich hat Vattenfall angekündigt 2016 aus der Braunkohle auszusteigen, diese Zusage aber mit Billigung von Klaus Wowereit zurückgenommen«, sagt Grünen-Klimaexperte Michael Schäfer. »Wir hatten uns zu der Prognose 2016 hinreißen lassen«, sagt Gunther Müller.
Ursprünglich sollten in Marzahn zwei GuD-Kraftwerke entstehen. »Vor dem Hintergrund des Verfalls der Strompreise mussten wir über andere Konzepte nachdenken.« Das, so Müller, sorgte für den Zeitverzug. Die Verkündung zum jetzigen Zeitpunkt habe weder mit dem Ausstieg von Vattenfall aus der Braunkohleförderung noch mit dem möglichen Antritt eines rot-rot-grünen Senats zu tun, betont Müller. Ein Viertel mehr koste der sauberere Brennstoff, so Müller, dafür benötige man künftig nur noch 109 der 200 Mitarbeiter in Klingenberg. Entlassen werde aber niemand, man stelle für regulär ausscheidendes Personal lediglich nicht neu ein.
Bis 2020 will Vattenfall den Steinkohleblock C des Heizkraftwerks Reuter in Spandau stilllegen. Als Ersatz möchte der Energiekonzern eine sogenannte Power-to-Heat-Anlage bauen. »Sie müssen sich das wie einen großen Tauchsieder vorstellen«, sagt Müller. »Damit wird regenerativer Überschussstrom sinnvoll genutzt.« Windräder werden momentan abgestellt, wenn es für den Strom keine Abnehmer gibt. »Mit der 100-Megawatt-Anlage betreten wir deutschlandweit Neuland.«
»Das ist eine vernünftige Technologie«, bestätigt Harald Wolf, LINKEN-Energieexperte. Was jetzt anstehe sei einerseits eine konkrete Vereinbarung für den kompletten Kohleausstieg Vattenfalls sowie die Verabschiedung des Energie- und Klimaschutzprogramms 2030. Darauf konnte sich der bisherige rot-schwarze Senat nicht mehr einigen. Die Enquêtekommission »Neue Energie für Berlin« im Abgeordnetenhaus habe gute Vorarbeit geleistet. »Jetzt muss der Klimaschutz richtig umgesetzt werden«, sagt Wolf.
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