Bocholt: SPD sagt Parteitag nach Morddrohungen ab
Vorsitzender Thomas Purwin erhält antisemitische Hassmails / Staatsschutz ermittelt / Bundes- und Landespartei verurteilen Drohungen
Berlin. Nach antisemitischen Morddrohungen gegen ihren Vorsitzenden hat die SPD im nordrhein-westfälischen Bocholt einen für Freitagabend geplanten Parteitag abgesagt. Der örtliche SPD-Chef Thomas Purwin entschied sich für den Schritt aus Rücksichtnahme auf seine Familie, wie er der Nachrichtenagentur AFP sagte. Der 35-Jährige berichtete, er habe Anfang der Woche eine E-Mail erhalten mit der Drohung, dass ihm sein »Judenschädel abgeschlagen« würde.
Er erhalte bereits seit einigen Monaten Hassmails und -Postings, sagte Purwin weiter. Eine der Absenderadressen habe Adolf.Hitler@Deutscher-Reichstag.de gelautet. Der Staatsschutz habe Ermittlungen aufgenommen, sagte der Leiter des Bocholter Standesamts, der seit Juli 2013 Vorsitzender der örtlichen SPD ist.
Die Mail mit der Morddrohung erhielt Purwin demnach in der Nacht zum Dienstag über seinen privaten Mailaccount. Nach einem Gespräch mit seiner Lebensgefährtin habe er sich daraufhin für die Absage des Parteitags entschieden.
SPD-Chef Sigmar Gabriel verurteilte die Dohungen gegen Purwin. »Menschen einzuschüchtern, ist feige und verabscheuungswürdig«, sagte Gabriel den »Ruhr Nachrichten«. »Angst und Gewalt dürfen niemals Teil von politischen Auseinandersetzungen sein. Dem müssen alle Demokratinnen und Demokraten entschieden entgegentreten.« Gabriel telefonierte mit Purwin und sagte nach eigenen Angaben sein Kommen zu, wenn ein neuer Termin für den Parteitag feststeht.
Auch der Generalsekretär der nordrhein-westfälischen SPD, André Stinka, zeigte sich entsetzt von den Drohungen. »Die wiederholten Angriffe auf Demokratinnen und Demokraten, die sich für die Gemeinschaft und den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft einsetzen, sind schockierend«, erklärte Stinka in Düsseldorf. »Wir vertrauen darauf, dass die Behörden alles in ihrer Macht Stehende veranlassen, um die Absender der Morddrohungen zu ermitteln und zu bestrafen.«
Menschen, die Hassmails verschickten oder die vermeintliche Anonymität in sozialen Netzwerken »für ihre widerlichen Drohungen ausnutzen, dürfen nicht das Gefühl haben, dass sie in der Mehrheit sind«, betonte Sinka. »Denn das sind sie mitnichten. Alle Demokratinnen und Demokraten sind in der Verpflichtung gegenzuhalten, um unsere gemeinsamen Werte zu verteidigen. Online und offline auf der Straße, in der Nachbarschaft oder im Sportverein.« AFP/nd
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