Werbung

Karlsruhe: CETA ja, aber ...

Bundesregierung darf Freihandelsabkommen mit Kanada unter Auflagen zustimmen

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Richter am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe haben am Donnerstag im Eilverfahren über die vorläufige Anwendung des Freihandelsabkommens CETA zwischen der EU und Kanada entschieden. Es ist ein Urteil, mit dem offenbar alle leben können: Denn die Bundesregierung darf zwar der Anwendung zustimmen, muss dafür aber drei wichtige Auflagen einhalten.

Nach Ansicht der Richter würde nämlich eine kurzfristige Untersagung der vorläufigen Anwendung in »erheblichem Maße« in die Gestaltungsfreiheit der Bundesregierung bei ihrer Europa- und Außenpolitik eingreifen. Zugleich darf Berlin nun aber nur den Teilen des Vertrages zustimmen, für die zweifellos die EU zuständig ist. Zudem muss der »Gemeinsame Ausschuss«, in dem Vertragsanpassungen vorgenommen werden, »hinreichend demokratisch« kontrolliert werden. Vor allem aber muss Deutschland aus dem Abkommen einseitig ausscheiden können. Damit kann CETA wie geplant am 27. Oktober auf dem EU-Kanada-Gipfel in Brüssel unterzeichnet werden. Teile des Vertrages können so noch vor dessen Ratifizierung durch die EU-Staaten vorläufig angewendet werden.

Bundeswirtschaftsminister Sig-mar Gabriel (SPD) begrüßte das Urteil: Das »Bundesverfassungsgericht hat den Weg für CETA frei gemacht«, so der Vizekanzler, der mit aller Kraft für das umstrittene Abkommen kämpft. Die Zielsetzung der Auflagen des Gerichts teile man uneingeschränkt und werde sie umsetzen, versprach er. Der Präsident Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo, forderte nun eine »rasche Zustimmung aller EU-Mitgliedstaaten« zum Vertrag.

Doch auch die Kläger sehen sich auf der Siegerseite. »Es ist ein Riesenerfolg, dass das Bundesverfassungsgericht unsere Bedenken in einem Hauptsacheverfahren prüfen will - schließlich haben weder die Bundesregierung noch die Europäische Kommission die Argumente bisher ernstgenommen«, sagte Thilo Bode von der Verbraucherorganisation Foodwatch, die zusammen mit dem Verein Mehr Demokratie und Campact über 125 000 Klagen von Bürgern gegen die vorläufige Anwendung eingesammelt hatte.

Für die Grünen im Bundestag war das Urteil zumindest eine »Quittung für unsaubere Arbeit«. »Der Umgang mit so komplexen und so weitreichenden Abkommen wie CETA bedarf einer sorgfältigen Beachtung der demokratisch notwendigen Beteiligungsverfahren«, teilten Fraktionschef Anton Hofreiter und die Sprecherin für Wettbewerbspolitik, Katharina Dröge, mit.

Bei der LINKEN war man nicht ganz so einstimmig. Während Vizefraktionschef Klaus Ernst von einem »Teilerfolg für uns Kläger« sprach, nannte Parteichefin Katja Kipping das Urteil auf Twitter »Klassenjustiz«. Karlsruhe mache sich zum »Handlanger« der Großen Koalition und von Großkonzernen. Seiten 2 und 4

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.