Gericht billigt Räumung des Flüchtlingslagers Calais
Umsetzung laut Innenminister Cazeneuve nur noch »Frage von Tagen« / Camp-Bewohner soll am Rand des »Dschungels« Dolmetscherin vergewaltigt haben
Die französischen Behörden wollen das am Ärmelkanal gelegene Lager, in dem nach unterschiedlichen Angaben zwischen 6000 und 10.000 Flüchtlinge ausharren, schon seit geraumer Zeit räumen. Die Flüchtlinge sollen in Unterkünfte im ganzen Land verteilt werden. Viele Flüchtlinge wollen das aber nicht – sie hoffen weiterhin, von Calais aus heimlich nach Großbritannien zu gelangen.
Elf französische Hilfsorganisationen versuchten zuletzt, die Räumung des Flüchtlingslagers mit juristischen Mitteln zu verhindern. Das Verwaltungsgericht der nordfranzösischen Stadt Lille lehnte einen Eilantrag der Organisationen am Dienstag aber ab.
Die Räumung des Lagers als solche sei kein Verstoß gegen das Verbot von »unmenschlicher und entwürdigender Behandlung«, argumentierte das Gericht. Vielmehr ziele die Auflösung des Lagers unter anderem darauf ab, einen solchen Umgang mit Flüchtlingen zu beenden: Die Flüchtlinge würden in Calais unter »prekären Bedingungen und Unsicherheit« in dem Lager leiden.
»Es nähert sich der Moment, an dem wir mit dieser Operation beginnen werden«, sagte Innenminister Cazeneuve daraufhin vor der Nationalversammlung in Paris. Es gehe darum, »seit Monaten im Schlamm« lebenden Flüchtlingen eine ordentliche Unterkunft anzubieten. Die Regierung verfolge ein »humanitäres« Ziel, beteuerte der Sozialist.
Ein Datum für den Beginn der Räumung des Lagers haben die französischen Behörden nicht genannt. Als möglicher Termin gilt inzwischen der kommende Montag.
Derweil leitete die französische Justiz Ermittlungen wegen der mutmaßlichen Vergewaltigung einer Dolmetscherin am Rande des Flüchtlingslagers ein. Die zuständige Staatsanwaltschaft erklärte, ein Fernsehjournalist und seine afghanischstämmige Paschtu-Dolmetscherin hätten in der Nacht auf Dienstag in dem Flüchtlingslager eine Reportage über minderjährige Flüchtlinge gedreht. Dabei seien sie nach eigenen Angaben von drei Afghanen, »vermutlich Flüchtlingen«, attackiert worden.
Die Männer hätten zunächst die Ausrüstung des Journalisten rauben wollen. Dann habe einer der mit einem Messer bewaffneten Afghanen die 38-jährige Dolmetscherin zu Sex gezwungen. Die beiden anderen Männer hätten den 42-jährigen Journalisten mit Messern auf Abstand gehalten.
Nach den drei Angreifern wurde noch gesucht. Der französische Sender France 5 bestätigte, dass der Journalist und die Dolmetscherin in seinem Auftrag an einer Reportage arbeiteten. AFP/nd
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