Schöne neue IGA-Welt

Hinter der nachhaltigen und ökologischen Fassade tun sich viele Fragen auf

  • Samuela Nickel
  • Lesedauer: 3 Min.

Auf dem Wuhleteich kräuseln sich kleine Wellen. Über den rostfarbenen Wuhlesteg, der für die Gartenausstellung gebaut worden ist und Marzahn und Hellersdorf verbinden soll, hängen die Kabinen der IGA-Seilbahn am Hang des Kienbergs wie reife Herbstfrüchte.

Direkt am Teich soll in sechs Monaten der erste Standort des Umweltbildungsprojekts der IGA die Besucher empfangen. Das Umweltbildungszentrum und der IGA-Campus sollen Kinder und Jugendliche an die Natur vor Ort heranführen und zum Experimentieren einladen. Zum Beispiel an Mitmachbeeten, Schulgärten mit Kochstationen und beim »grünen Klassenzimmer«, wo Schülerinnen und Schüler aus der Umgebung Bienenköniginnen sehen können oder lernen können, wie man sich mit einem Acker selbst versorgt. In sogenannten Workcamps arbeiten bis zur Eröffnung internationale Studierende an der Gestaltung von Gemüseackern, einem Waldgarten oder an Lehrgärten für Landschaftsgärtner.

Das Umweltbildungszentrum wurde von der Grün Berlin GmbH als dauerhafter Bildungsort am Ufer des Wuhleteichs gebaut. Das Zentrum ist ein recycelbarer Bau aus Holzmodulen, das sich nachhaltig selbst mit Energie versorgen kann. Bei Veranstaltungen dort und auf dem gesamten IGA-Campus wird es um Nachhaltigkeit gehen, um gesunde Ernährung, um aus Abfällen hergestellte Kunst. Das klingt alles wunderbar. Eine Anwohnerin, Maria Schmarr, sagt: »Wir freuen uns schon. Das ist doch schön, mit den Kindern in der Natur sein zu können. Und wenn es hoffentlich nicht so teuer ist...« Und genau an diesem Punkt, da hört das Projekt der IGA Berlin auf so wunderbar zu klingen. Die Förderer der Gartenausstellung geben zu denken, zu denen unter anderem Nestlé, die Berliner Volksbank, Coca Cola, oder Vattenfall gehören. »Hinter Projekten wie der IGA stehen Profitinteressen. Sie bedienen sich an dem, was gerade Trend ist, wie Urban Gardening, und sind nicht an Biodiversität interessiert«, sagt die Linkspartei-Abgeordnete Katalin Gennburg. »Es ist untragbar einen Ort, den sich die Anwohner über viele Jahre angeeignet haben, teil zu privatisieren.«

Die Grün Berlin GmbH ist die Mehrheitsgesellschafterin der IGA Berlin. Sie ist zwar ein gemeinnütziges, aber dennoch ein privatwirtschaftliches Unternehmen. Die Bürgerinitiative Kienberg-Wuhletal kritisiert seit Projektbeginn, dass die Grün Berlin GmbH das Naherholungsgebiet des Bezirks privatisiert. Die Initiative ist Teil einer Runde von Aktionsgruppen aus allen zwölf Bezirken der Stadt. Dazu gehören Initiativen, die sich für den Erhalt von Grünflächen wie zum Beispiel dem Plänterwald, des Tempelhof Felds oder des Gleisdreieck-Parks einsetzen. Oder eben auch für das Wuhletal.

Die Initiativen der Runde fordern, dass städtische Grünflächen kommunal verwalten werden, so dass auch die Menschen in der Nachbarschaft ein Mitspracherecht bei der Gestaltung der Naherholungsgebiete haben. Man habe bereits schlechte Erfahrungen mit der Grün Berlin GmbH im Gleisdreieck-Park gesammelt, sagt Gennburg. Die Kioske des Parks dürften nur Produkte von Nestlé Schöller verkaufen. Bei dem Gelände der IGA Berlin befürchtet Gennburg, dass Anwohnende genauso in der Nutzung der Grünflächen eingeschränkt werden. »Wir wollen, dass die Stadt mit uns gestaltet wird.«

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